Rechtsprechung
LG Krefeld, Urteil vom 04.09.2007 - 12 O 12/07
Angabe fakultativer Überführungskosten bei PKW-Angeboten im Internet - Das Fehlen der Angabe von (auch nur fakultativen) Überführungskosten der Höhe nach kann wettbewerbswidrig sein.
PAngV § 1 Abs. 1 Satz 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11
Leitsätze:*1. Die in der Einstellung einer Werbung in das Internet liegende Wettbewerbshandlung eines
Unternehmers ist nach § 4 Nr.11 UWG unlauter, wenn er damit einer gesetzlichen Vorschrift
zuwider gehandelt hat, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Die Vorschriften der Preisangabenverordnung (PAngV) sind in diesem Sinne wettbewerbsbezogen, weil
sie jedenfalls auch dazu bestimmt sind, das Marktverhalten im Interesse der Verbraucher zu regeln.
Nach dem Zweck dieser Verordnung soll nämlich dem Verbraucher Klarheit über die Preise und deren
Gestaltung verschafft und zugleich verhindert werden, dass er seine Preisvorstellungen anhand
nicht vergleichbarer Preise unterschiedlicher Anbieter gewinnen muss (vgl. BGH WRP 2004, 490, 491; GRUR 2001, 1166,
1168; OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2004 - Az. 4 U 137/04).
2. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat derjenige, der als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber
Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich
der Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind
(Endpreise). Zu den "sonstigen Preisbestandteilen" gehören im Kfz-Handel auch
die Überführungskosten für Kraftfahrzeuge zumindest dann, wenn sie auf jeden Fall, also obligatorisch
anfallen, weil der Händler dem Kunden nicht anbietet, das Fahrzeug selbst beim Hersteller abzuholen
(OLG Celle, Urteil vom 14.10.2004 - Az. 13 U 187/04; OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2004 - AZ. 4 U 137/04;
OLG Schleswig, Urteil vom 23.01.2007 - Az. 6 U 65/06).
3. Allerdings kann auch die fehlende Angabe nur fakultativ anfallender Überführungskosten einen Verstoß
gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV und damit einen Wettbewerbsverstoß darstellen. Die PAngV soll sicherstellen,
dass der Verbraucher sich zutreffend und erschöpfend durch Preisvergleiche über den Preisstand unterrichten kann.
Ferner soll sie einen sachbezogenen Wettbewerb fördern (OLG Celle, Urteil vom 14.10.2004 - Az. 13 U 187/04).
Wird in einer Werbung nur auf zusätzliche Überführungskosten hingewiesen, ohne diese zu beziffern, werden
diese Schutzzwecke verletzt. Denn jedenfalls diejenigen Interessenten, die eine Abholung eines PKWs im Ausland scheuen,
wissen allein aufgrund einer solchen Werbung nicht, welche Überführungskosten anfallen würden. Dies gilt jedenfalls
dann, wenn eine Lieferung mit Anfall von Überführungskosten in dem konkreten Fall die Regel ist.
Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 11.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1396
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Köln, Urteil vom 24.02.2023 - 6 U 137/22, MIR 2023, Dok. 021
Versiegelte Waren?! - Widerrufsrecht besteht beim Fernabsatzkauf einer Matratze auch nach Entfernung einer Schutzfolie
EuGH, Urteil vom 27.03.2019 - C‑681/17, MIR 2019, Dok. 011
Klimaneutrales WUNDERBRAEU aus München? - Irreführende Angaben beim Vertrieb und der Bewerbung eines Bieres
Landgericht München I, MIR 2023, Dok. 084
Tap-Tags in Instagram Posts - Influencerin muss (unbezahlte) Werbung für andere Unternehmen kenntlich machen
Oberlandesgericht Karlsruhe, MIR 2020, Dok. 073
Der Novembermann - Gleichlautende Abmahnungen können eine Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG darstellen (sic!)
BGH, Urteil vom 06.06.2019 - I ZR 150/18, MIR 2020, Dok. 014