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Rechtsprechung



LG Bonn, Urteil vom 03.07.2007 - 11 O 142/05

Zusendung ungewollter Auftragsbestätigungen nach Werbeanruf wettbewerbswidrig - Die Zusendung von Auftragsbestätigungen, denen kein Vertragsschluss zugrunde liegt, sondern ein Werbeanruf, stellt eine unzumutbare Belästigung dar.

UWG §§ 2 Abs. 2 Nr. 1, §§ 3, 4, Nr. 1, §§ 7 Abs. 1, 3, § 8 Abs. 3 Nr. 3

Leitsätze:*

1. Die Zusendung von Auftragsbestätigungen, denen kein Vertragsschluss zugrunde liegt, sondern ein Telefongespräch mit für die Beklagte werbendem Inhalt, stellt eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 UWG dar.

2. Belästigend ist eine Wettbewerbshandlung, die dem Empfänger aufgedrängt wird und die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig von ihrem Inhalt als störend empfunden wird. Im Fall von Werbeanrufen, auf die die Übersendung (ungewollter) Auftragsbestätigungen folgt, obwohl tatsächlich ein Vertrag nicht geschlossen wurde, ist bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung die Auftragsbestätigung nur als "Endpunkt" der Handlung anzusehen, innerhalb derer dem (Telefon-) Kunden eine Wettbewerbshandlung aufgedrängt wird. Es kommt nicht darauf an, ob dem Kunden ein Auftrag oder etwas anderes Absatzrelevantes als Ergebnis der telefonischen Werbung bestätigt wird (vgl. dazu auch: LG Bonn, Urteil vom 9.01.2007 - Az. 11 O 74/06 - Konzerneinwilligungsklausel = MIR 2007, Dok. 069).

3. Hat ein Marktteilnehmer einen telefonischen Auftrag nicht erteilt, wird ihm die Bestätigung aufgedrängt. Das wird wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Entscheidungsfreiheit des Adressaten als störend empfunden. "Unzumutbar" im Sinne von § 7 Abs. 1 UWG ist ein Verhalten, das einen Marktteilnehmer mit finanziellen Aufwendungen belastet oder seine Privatsphäre etwa durch ungerechtfertigte Inanspruchnahme seiner Zeit beeinträchtigt. Die Zusendung von Bestätigungsschreiben über in Wirklichkeit nicht erteilte Aufträgen belastet die Empfänger insoweit mit Zeitaufwand und Kosten.

4. Wie die Formulierung "ist insbesondere anzunehmen" in § 7 Abs. 2, 1. Hs. UWG zeigt, regelt Abs. 2 die Fälle der unzumutbaren Belästigung nicht abschließend. Allerdings bedarf bei Nichterfüllung eines Regelbeispiels die Unlauterkeit im Sinne des § 3 UWG konkreter Begründung. Diese kann sich aus der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers ergeben (hier: Der Wille des Verbrauchers, einen Auftrag nicht zu erteilen, wird durch die entgegenstehende Auftragsbestätigung missachtet). § 7 UWG schützt insgesamt die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers.

5. Die Zusendung von Auftragsbestätigungen, denen eine Einverständniserklärung der betroffenen Verbraucher nicht zugrunde liegt, ist geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher als Marktteilnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG).

6. Die schriftliche Behauptung eines in Wirklichkeit nicht erteilten telefonischen Auftrags kann sich gegenüber geschäftsungewandten Verbrauchern als Versuch der Überrumpelung – mithin als intensive unsachliche Einflussnahme oder sogar als Ausübung psychischen Drucks darstellen, § 4 Nr. 1 UWG.

MIR 2007, Dok. 364


Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 06.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1389

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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