MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MIR - MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung



OLG Köln, Urteil vom 21.09.2007 - 6 U 86/07

"Rapidshare" - Ein Filesharing- Anbieter hat nach Kenntniserlangung von urheberrechtswidrigen Veröffentlichungen nur alle erfolgversprechenden und zumutbaren Möglichkeiten zu nutzen, um solche Verstöße in Zukunft möglichst zu unterbinden.

UrhG §§ 19a, 97 Abs. 1 Satz 1

Leitsätze:*

1. Im Rahmen des Filesharing liegt ein urheberrechtswidriges öffentliches Zugänglichmachen der Werke gemäß § 19a UrhG vor, sobald die auf dem Server der Antragsgegnerin als Datei gespeicherten Werke nicht nur für den Nutzer, der sie hochgeladen hat, sondern durch Bekanntgabe des betreffenden Download-Links auch für Dritte abrufbereit zur Verfügung stehen.

2. Für die Frage, welche Maßnahmen einem Filesharing-Anbieter (-Hoster) im Rahmen der störerrechtlichen Prüfungspflichten zugemutet werden können und müssen, fallen dem Anbieter erwachsene, wirtschaftliche Vorteile nicht ins Gewicht, wenn ein regelmäßiges, monatliches Entgelt nur für das (urheberrechtlich grundsätzlich neutrale) Hochladen von Dateien fällig wird, während das Herunterladen (und damit die potentiell urheberrechtswidrige Verbreitung) für sich genommen kostenfrei ist. Auch daraus, dass der Anbieter den Vorgang des Herunterladens für solche Nutzer attraktiver ausgestaltet, die sich zuvor kostenpflichtig registrieren lassen ("Premium-Download"), kann nicht abgeleitet werden, dass er aus einer Nutzung des Dienstes durch die Raubkopierszene wirtschaftliche Vorteile erzielt.

3. Der Filesharing- Anbieter (-Hoster) hat nach Kenntniserlangung von urheberrechtswidrigen Veröffentlichungen geschützter Werke über seinen Internet-Dienst alle erfolgversprechenden und zumutbaren Möglichkeiten zu nutzen, um solche Verstöße in Zukunft möglichst zu unterbinden.

4. Allerdings stehen dem Einsatz automatischer Filtersysteme (etwa: MD5-Filter und Wortfilter) erhebliche technische Schwierigkeiten entgegen, da schon geringste Veränderungen der hochzuladenden Datei eine Identifizierung ihres potentiell rechtsverletzenden Inhalts verhindern. Hinzu kommt, dass der Einsatz solcher Filter nur im Zeitpunkt des Hochladens erfolgen kann. Unter diesen Umständen ist ihre Eignung aber schon deshalb zweifelhaft, weil das Hochladen von Dateien mit urheberrechtlich geschützten Werken der Musik für sich genommen - ohne Mitteilung an die Öffentlichkeit - noch keine Rechtsverletzung darstellen muss (sondern etwa als private Vervielfältigung nach § 53 UrhG im Einzelfall durchaus erlaubt sein mag). Kommt es aber für das Erkennen einer rechtsverletzenden Nutzung wesentlich auf den Vorgang des Hochladens an, versagen jedenfalls alle automatischen (Filter-) Systeme die an den Vorgang des Hochladens anknüpfen, weil sie dessen Zweck (etwa eine möglich rechtswidrige Nutzung bzw. Vervielfältigung) nicht abbilden können.

5. Dem Filesharing-Anbieter (-Hoster) ist es im Rahmen seiner Prüfpflichten zuzumuten, eine manuelle Kontrolle ("Abuse-Abteilung") einschlägiger Link-Sammlungen mit Download-Links durchzuführen über die mittels Ordnungs- und Suchfunktionen gezielt nach Dateien eines bestimmten Inhalts gesucht werden kann. Hier ist die Grenze der Zumutbarkeit allerdings erreicht, wenn es um die regelmäßige Kontrolle von einer dreistelligen Zahl an Link-Ressourcen im Internet geht, auf denen Verweise zu dem Dienst des betreffenden Anbieters und den dort gespeicherten Dateien enthalten sein mögen. Die Überprüfungspflicht kann sich daher nur auf Link-Ressourcen beziehen, auf die der Anbieter bereits im Zusammenhang mit (Urheber-) Rechtsverletzungen hingewiesen worden ist (etwa durch eine Abmahnung des Verletzten) und von denen er Kenntnis hat.

6. Die Unterlassungsverpflichtung aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG bezieht sich nur auf die drohende Wiederholung desjenigen beanstandeten Verhaltens, aus der sich die Störerhaftung ableitet. Auf Urheberrechtsverletzungen, die von dem in Anspruch genommenen Störer nicht durch zumutbare Kontrollmaßnahmen verhindert werden können, ist auch das gerichtliche Unterlassungsgebot nicht zu erstrecken (vgl. BGH, GRUR 2007, 708 [712J - Internetversteigerung II).

MIR 2007, Dok. 363


Anm. der Redaktion: Vgl. hierzu auch die Vorinstanz LG Köln, Urteil vom 21.03.2007 - Az. 28 O 19/07 = MIR 2007, Dok. 159. In dem Parallelverfahren OLG Köln, Az. 6 U 100/07 erging eine inhaltlich nahezu identische Entscheidung.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 05.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1388

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige