MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MIR - MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung



AG Zossen, Urteil vom 04.05.2007 - 5 C 6/07

AG Zossen vs. BGH - Keine originäre Forderungsberechtigung (Aktivlegitimation) des Teilnehmernetzbetreibers für durch Dritte erbrachte Mehrwertdienste.

TKV § 15, BGB §§ 428, 430

Leitsätze:*

1. Eine eigene, in AGB des Teilnehmernetzbetreibers begründete Forderung des Teilnehmernetzbetreibers bezüglich der Vergütung für die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten eines Drittanbieters ist mit dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse nicht zu vereinbaren (BGH NJW 2007, 438). Denn diese AGB liegen lediglich dem Vertrag zwischen dem Teilnehmernetzbetreiber und dem Kunden zugrunde, und können keine Regelungen zu Verträgen enthalten, die der Kunde mit Personen schließt, die jedenfalls in rechtlicher Hinsicht gänzlich unabhängig von der Person des Teilnehmernetzbetreibers sind (vgl. auch: Vander, Mehrwertdienste - Grundlagen sowie Missbrauchsproblematik, Baden-Baden 2005, S. 56).

2. § 15 TKV geht ausdrücklich von einer Forderungen des Dritten aus, die zu berechnen der Teilnehmernetztbetreiber verpflichtet ist. Läge eine originäre Forderung des Teilnehmernetzbetreibers vor, wäre eine solche Verpflichtung unnötig. Ein "Entgeltanspruch des Rechnungssteller" besteht insoweit nur gegenüber den Wettbewerbern. Die Inkassoberechtigung und -verpflichtung setzt aber wirksam begründete Forderungen des Drittanbieters voraus. Eine zusätzliche Belastung des Kunden mit einer weiteren Forderung des Teilnehmernetzbetreibers ist auch nicht Ziel der dem Kundenschutz dienenden Vorschrift des § 15 TKV (vgl. auch Vander, a.a.O S. 77).

3. Auch unter dem Aspekt einer Gesamtgläubigerschaft (§ 428 BGB) ergibt sich nichts anders. Zwar soll der Teilnehmernetzbetreiber berechtigt sein, die ganze Leistung zu fordern. Gleichwohl ist ein Interesse des Teilnehmernetzbetreibers an einem eigenen Forderungsrecht - bezogen auf die Forderung selbst - nicht erkennbar. Der Teilnehmernetzbetreiber soll weder ganz noch in erheblichem Maße (§ 430 BGB) Begünstigter der Zahlung werden, sondern diese nahezu vollständig an den Drittanbieter durchreichen (vgl. hier auch: Vander, a.a.O. S. 92 - Der Drittanbieter erhalte schätzungsweise 90% des Gesamtentgeltes). Im Gegenteil spricht § 15 Abs. 1 Satz 4 TKV gegen eine Gesamtgläubigerschaft.

4. Bei einem Einwendungsdurchgriff im Sinne des BGH (NJW 2007, 438) reduziert sich damit das Interesse des Teilnehmernetzbetreibers an einem eigenen Forderungsrecht auf den schlichten Wunsch nach einem reibungslosen Inkasso ohne Rücksicht auf gesetzliche Regelungen und insbesondere ohne die Notwendigkeit, die unter Umständen vertraulichen Abtretungsvereinbarungen mit den Drittanbietern offen zu legen (BGH NJW 2007 438/439).

MIR 2007, Dok. 359


Anm. der Redaktion: Die Entscheidung ist rechtkräftig. Berufung wurde nicht eingelegt. Vgl. zu dieser Entscheidung auch BGH, Urteil vom 16.11.2006 - Az. III ZR 58/06 = MIR 2006, Dok. 275, in der der BGH davon ausgeht, dass die Parteien eines Telefondienstvertrags in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbaren können, dass der Teilnehmernetzbetreiber auch Vergütungen, die für die Nutzung von Mehrwertdienstangeboten Dritter über den Telefonanschluss geschuldet werden, als eigene Forderungen geltend machen kann. Zur Kritik dieser Entscheidung vgl. wiederum die Anmerkung von Vander in "Kommunikation und Recht" (K&R) 2007, Seite 155.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 03.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1384

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige