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Literatur



Thomas Gramespacher

Dieter Hapke, Gewerbeschädigende Äußerungen im Internet

Oldenburg: OlWIR Verlag, 412 Seiten, 39,80 EUR

MIR 2007, Dok. 358, Rz. 1-11


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Das Internet – Massenmedium unserer Zeit schlechthin – entwickelt sich stetig und immer rasanter. Die "Verzweigungen des weltweiten Datennetzes" werden zunehmend unüberschaubar.

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Insbesondere Unternehmen sehen sich als notwendige Partizipanten an dieser Entwicklung nicht nur mit den wirtschaftlich günstigen und effektivitätssteigernden Aspekten konfrontiert. Vielmehr ist ein erhebliches – scheinbar "dereguliertes"; jedenfalls der individuellen Kontrolle entzogenes – Gefahrenpotential einer öffentlichen, weltumspannenden Kritikplattform entstanden. Die Situation, öffentlich kritisiert zu werden, ist zwar für Unternehmen grundsätzlich nicht neu. Die Dienste und Möglichkeiten, die sich mit der multimedialen Entwicklung der Informationsgesellschaft entwickelt haben und deren maßgeblicher Kanal das Internet darstellt, verschaffen aber dem einzelnen Unternehmenskritiker mit geringem Aufwand weitreichende und professionelle Möglichkeiten. Exemplarisch seien hier nur die zahlreichen sog. „Hate-Pages“ und Diskussionsforen genannt, in denen weltweit Ablehnung, Protest, Spott, Gerüchte, Beschimpfungen, Erniedrigungen, Diffamierungen, üble Nachrede, Boykottaufrufe oder verunglimpfende Unternehmenslogos (redaktionell) ungefiltert und oftmals auch anonym verbreitet werden können.

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Stehen auf der einen Seite grundsätzlich juristische Vorgehensweisen gegen rechtswidrige Unternehmenskritiken und deren "Produzenten" zur Verfügung, stellen sich dem betroffenen Unternehmen andererseits wichtige Fragen der Abwägung: Ist ein entsprechendes Vorgehen in der konkreten Situation zielführend? Wie ist die Wahrnehmung der Öffentlichkeit, sofern gegen Kritik vorgegangen wird? Maßgeblich für Unternehmen ist sowohl die juristische als auch die betriebswirtschaftliche Perspektive.

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Diesen und weiteren mit der Thematik zusammenhängenden Fragen widmet sich Dieter Hapke in seiner Untersuchung "Gewerbeschädigende Äußerungen im Internet".

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Zunächst skizziert der Verfasser in § 1 "Gewerbekritik im Internet" die Gewerbekritik als Gewerbebeschädigung unter dem Aspekt des "Unternehmens-Images" und führt in den Gang der Bearbeitung ein.

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In § 2 "Gefahrenpotential gewerbeschädigender Äußerungen" wird zunächst eine Systematisierung der Unternehmenskritiken anhand des "Stakeholder-Konzepts" durchgeführt. Im Folgenden liefert der Autor Beispiele für gewerbeschädigende Äußerungen und verknüpft die Besonderheiten des Kommunikationskanals "Internet". Weiterhin werden die Gründe für gewerbeschädigende Äußerungen und deren Wirkungen behandelt. Das Kapitel schließt mit einem Überblick über die Gefahren gewerbeschädigender Äußerungen.

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§ 3 "Hemmungen gewerbeschädigender Kommunikation mit juristsichen Mitteln" widmet sich den juristischen, die gegen schädigende Unternehmenskritiken zur Verfügung stehen (Abschnitt A), namentlich den Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüchen aus dem Bürgerlichen Recht, dem Wettbewerbsrecht und dem Markenrecht. Auf die Problematik, dass solchen Ansprüchen die möglicherweise für den Kritiker streitende Meinungsäußerungsfreiheit entgegenstehen kann, geht der Autor hierbei ebenso ein, wie auf das faktische Problem der Vollstreckbarkeit gegen den sich (ggf. anonym) aus dem virtuellen Raum Äußernden. Weiterhin werden die spezifischen Haftungsbeschränkungen des Medienrechts (Abschnitt B) dargestellt. Erfreulich ist, dass hier - zumindest soweit im Zeitpunkt der Fertigstellung der Arbeit möglich - auf die mit dem Inkrafttreten des Telemediengesetzes (TMG) geltende Rechtslage Bezug bzw. die insoweit absehbare Entwicklung (Wegfall des TDG/MDStV und damit auch begriffliche Vereinheitlichungen der "Telemedien") Bezug genommen wird § 3 liefert sodann noch eine Darstellung der internationalen Zuständigkeiten (Abschnitt C) und des jeweilig anwendbaren Rechts und schließt mit einem zusammenfassenden Überblick über die juristischen Mittel gegen gewerbeschädigende Äußerungen im Internet (Abschnitt D).

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In § 4 der Arbeit ("Strategischer Handlungsrahmen des Unternehmens") werden zunächst die einzelnen Reaktionsstrategien – "Ignoranz", "Widerstand", "Anpassung" und "Innovation" – als Handlungsrahmen des Unternehmens im Fall gewerbeschädigender Äußerungen skizziert bzw. identifiziert (Abschnitt A), um diese dann genauer zur bewerten (Abschnitt B). § 4 schließt mit einem kurzen, zusammenfassenden Überblick über die verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten des Unternehmens.

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Zum Abschluss seiner Arbeit (§ 5 "Gesamtergebnis") fasst der Autor die gefundenen Ergebnisse seiner Bearbeitung kompakt zusammen (Abschnitt A) und gibt einen Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen (Abschnitt B). Hierbei geht Hapke zutreffend davon aus, dass sich die rasante Entwicklung im Bereich der Informationstechnologien weiterhin fortsetzen wird – Neue Technologien werden die Betroffenen in neuer Weise vor die besprochene Problematik stellen, deren Aktualität erhalten und die Brisanz wohl weiterhin erhöhen. Ein wachsender, globaler und virtuell dominierter Markt wird nach richtiger Auffassung des Autors auch in Zukunft die Fragen nach den Reaktionsalternativen eines Unternehmens insbesondere im Hinblick auf die juristischen Möglichkeiten des Vorgehens gegen kritische Äußerungen ständig neu stellen.

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Selbstverständlich ist der Arbeit ein wohlgeordnetes und übersichtliches Literatur- und Entscheidungsregister beigefügt, was in der täglichen Arbeit für den Nutzer durchaus eine gute Hilfestellung zum schnellen Auffinden der einschlägigen und verwerteten Nachweise bietet.

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Insgesamt liefert Hapke mit seiner Arbeit "Gewerbeschädigende Äußerungen im Internet" eine umfassende Darstellung eines höchst bedeutenden und aktuellen Problemfeldes, die sowohl eine ausreichend tiefgehende und recht aktuelle juristische Auseinandersetzung mit den im Fall gewerbeschädigender Äußerungen zur Verfügung stehenden, rechtlichen Möglichkeiten als auch die für den Abwägungsprozess bei der Entwicklung von Reaktionsstrategien notwendigen betriebswirtschaftlichen Perspektiven nicht vermissen lässt. Das Buch kann daher insbesondere den einschlägig befassten Mitarbeitern in Unternehmen, Juristen in Rechtsabteilungen als auch dem mit der Entwicklung von Gegenstrategien befassten Juristen in der Beratung empfohlen werden.



Online seit: 01.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1383
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