Rechtsprechung
OLG Hamm, Beschluss vom 15.03.2007 - 4 W 1/07
"Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" - Eine vorvertragliche Information des Verbrauchers gem. § 312c Abs. 1 BGB mit der Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen und ist wettbewerbswidrig.
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3; BGB §§ 312c, 312d, 355; BGB-InfoV §§ 1, 14; ZPO § 91a ZPO
Leitsätze:*1. § 312 c Abs. 1 BGB verweist auf § 1 BGB-InfoV und damit auch auf Ziffer 10 dieser Vorschrift.
Danach muss auch über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie über die Bedingungen
seiner Ausübung informiert werden. Zu diesen Bedingungen gehört auch die Widerrufsfrist.
Angesichts der entscheidenden Bedeutung dieser Frist für den Verbraucher muss diese Information
präzise sein. Dazu gehört vor allem, dass jeder Eindruck vermieden werden muss, dass bereits
diese vorvertragliche Information irgendwelche Fristen in Lauf setzen kann.
2. Eine vorvertragliche Information des Verbrauchers gem. § 312c Abs. 1 BGB mit der Formulierung "Die Frist
beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen und ist wettbewerbswidrig.
Einer derartigen Fristenklausel fehlt jeder Hinweis darauf, dass die eigentliche - Frist auslösende - Belehrung
des Käufers/Verbrauchers über sein Widerrufsrecht erst mit einer Belehrung in Textform (etwa mit der eigentlichen Bestellung)
erfolgen kann.
3. Die Fassung einer Klausel mit dem Inhalt "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung"
legt es nahe, die Betonung auf den Erhalt "dieser" Belehrung zu legen. Denn der "Erhalt" einer
Belehrung setzt aber nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht unbedingt die körperliche
Entgegennahme voraus.
4. Soweit das Muster einer Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 13 BGB-InfoV im Internet verwendet wird,
liegt eine Verwendung "in Textform" gem. § 14 Abs. 1 BGB-InfoV i.S.d. § 126b BGB nicht vor.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.08.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1341
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Landgericht München I, MIR 2022, Dok. 075
Balloon - Lizenzschaden und Lizenzanalogie bei der Benutzung des Designs für ein einfaches Sofa
OLG Köln, Urteil vom 30.09.2022 - 6 U 77/22, MIR 2023, Dok. 006
Coty Germany - Keine Markenbenutzung durch (kenntnislose) reine Lagerung von markenrechtsverletzenden Waren durch Amazon
EuGH, Urteil vom 02.04.2020 - C-567/18, MIR 2020, Dok. 028
Datenschutzrechtliche Ansprüche - Mehrere Fragen zum Bestehen eines unionsrechtlichen Unterlassungsanspruchs und zum Begriff des immateriellen Schadens nach der DSGVO dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 063
Influencer-Marketing - Zur Kennzeichnung von Werbung auf #Instagram
KG Berlin, Beschluss vom 11.10.2017 - 5 W 221/17, MIR 2017, Dok. 046