Rechtsprechung
LG Köln, Beschluss vom 20.03.2007 - 31 O 13/07
Gesetzliche Musterwiderrufsbelehrung kann wettbewerbswidrig sein - Der wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeit einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung steht nicht entgegen, dass deren Wortlaut aus der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV übernommen wurde.
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1; BGB § 312d Abs. 2, BGB-InfoV § 14 Abs. 1, ZPO § 91a
Leitsätze:*1. Der wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeit einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung (hier: wegen Verstoßes gegen § 312d Abs. 2 BGB)
steht nicht entgegen, dass der Wortlaut der Widerrufsbelehrung aus der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV
übernommen wurde. Bei einer lediglich ins Internet gestellten Belehrung kommt dies
von vorneherein nicht zum Tragen, da § 14 Abs. 1 BGB-InfoV auf das Muster nur für Widerrufsbelehrungen in
Textform verweist (vgl. KG MD 2007, 115, 117).
Dass für die Wettbewerbswidrigkeit der Belehrung über ein Rückgabe- und Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen
nach § 4 Nr. 11 UWG maßgeblich auf § 312d Abs. 2 BGB und nicht auf die Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV
abzustellen ist, ergibt sich zudem aus dem Sinn und Zweck der bei Fernabsatzgeschäften vorgesehenen
modifizierten Widerrufsfrist.
2. Der Schutz des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ist zu versagen, wenn sich ein Fehler der Belehrung konkret
zum Nachteil des Verbrauchers auswirkt. Insoweit dient § 312s Abs. 2 BGB dem Schutz des Verbrauchers, um sicherzustellen, dass dieser die etwa im Internet bestellte Ware nach der Lieferung vor Ablauf der
Widerrufsfrist hinreichend prüfen kann (hier: Die Widerrufsbelehrung wurde zusammen mit der Auftragsbestätigung
vor Anlieferung der Ware übersandt, was jedenfalls - zumindest für den auf diese Belehrung vertrauenden Kunden - zu einer
Verkürzung der Widerrufsfirst führte).
3. Für den Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG setzt lediglich objektiv rechtswidriges, nicht
aber schuldhaftes Verhalten voraus. Ein etwaiger Verbotsirrtum, ob vorwerfbar oder nicht, ist daher unerheblich.
Unerheblich ist deswegen auch, ob ein Unternehmer auf die umfassende Gesetzeskonformität und Vollständigkeit
des Musters gem. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV vertraut hat.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 21.08.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1336
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Koblenz, Beschluss vom 04.05.2017 - 9 W 650/16, MIR 2017, Dok. 023
Erben-Ermittlung - Unter den Begriff der "Angabe" im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG können nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern auch Meinungsäußerungen fallen - zur Frage, wann die Mitteilung von Rechtsansichten von § 5 Abs. 1 UWG erfasst wird
OLG Köln, Urteil vom 16.12.2022 - 6 U 111/22, MIR 2023, Dok. 011
Kundenbewertungen auf Amazon - Keine wettbewerbsrechtliche Haftung eines Anbieters bei Amazon für Kundenbewertungen Dritter, wenn er sich derartige Bewertungen nicht zu eigen macht
BGH, Urteil vom 20.02.2020 - I ZR 193/18, MIR 2020, Dok. 020
Keine Bedeutung von § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG für die Streitwertfestsetzung
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.11.2021 - 6 W 90/21, MIR 2021, Dok. 095
schlafbook.de - Der Anbieter eines Werbepartnerprogramms (hier Amazon) haftet nicht für Wettbewerbsverstöße durch einen Dritten bzw. selbstständigen Betreiber einer Internetseite, wenn keine Vorgaben über das Ob und Wie der Werbung gemacht wurden
OLG Köln, Urteil vom 11.02.2022 - 6 U 84/21, MIR 2022, Dok. 016