Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 01.03.2007 - I ZR 51/04
Krankenhauswerbung - Zur Frage, wann ein (Wettbewerbs-) Verband eine im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erhebliche Zahl von Unternehmern als Mitglieder hat.
UWG §§ 8 Abs. 3 Nr. 2; HeilmitterlwerbeG § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
Leitsätze:*1. Für die Annahme, dass ein Verband eine im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erhebliche Zahl von Unternehmern
als Mitglieder hat, kommt es nicht darauf an, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichem
Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem maßgeblichen Markt tätigen Unternehmern repräsentativ sind.
2. Die Klagebefugnis eines Verbands nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) setzt voraus, dass
dieser die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmern wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig
sind wie der Wettbewerber, gegen den sich der Anspruch richtet.
3. Der Begriff der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
(§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) ist weit auszulegen. Die beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen müssen
sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein
wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich
unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in
Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame
Zugehörigkeit zur selben Branche oder zu zumindest angrenzenden Branchen begründet. Dabei ist auf Seiten des
in Anspruch Genommenen auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbshandlung
zuzurechnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.3.2006 - Az. I ZR 103/03, GRUR 2006, 778 Tz 19 = WRP 2006, 1023 -
Sammelmitgliedschaft IV; BGH, Urteil vom 16.11.2006 - Az. I ZR 218/03 = WRP 2007, 778 Tz 17 - Sammelmitgliedschaft V = MIR 2007, Dok. 190).
4. Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist die Zahl der Mitglieder eines Verbands auf dem einschlägigen
Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmer, bezogen auf den maßgeblichen Markt, in der Weise repräsentativ sind, dass ein
missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann. Dies kann auch schon bei einer geringen
Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2006 - Az. I ZR 218/03 = WRP 2007, 778 Tz 17 - Sammelmitgliedschaft V = MIR 2007, Dok. 190, m.w.N.).
5. Der Tatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG setzt voraus, dass die Werbung geeignet ist, das
Laienpublikum unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung
zu bewirken (Aufgabe von BGH, Urt. v. 26.10.2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 28.07.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1309
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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