Rechtsprechung
OLG Köln, Beschluss vom 07.05.2007 - 6 W 64/07
"4DSL" - Werden gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen im Internet und damit bundesweit angeboten, kommt ein regional beschränkter Markenschutz nach § 4 Abs. 2 MarkenG wegen nur regionaler Verkehrsgeltung nicht in Betracht.
MarkenG §§ 4 Nr. 2, 8 Abs. 3, 14 Abs. 2; UWG §§ 4 Nr. 9 und 10
Leitsätze:*1. Ein Zeichen hat dann als Marke Verkehrsgeltung erlangt, wenn ein nicht unerheblicher
Teil der angesprochenen Verkehrskreise es für bestimmte Waren oder Dienstleistungen
einem bestimmten Unternehmen als Herkunftshinweis zuordnet.
Allerdings muss die Verkehrsgeltung – anders als die gem. § 8 Abs.3 MarkenG zur
Überwindung von Eintragungshindernissen führende Verkehrsdurchsetzung – nicht in
allen Fällen im gesamten Bundesgebiet erreicht sein. Es kann vielmehr – allerdings
nur für einen entsprechend regional begrenzten Schutz - genügen, wenn die hinreichende
Zuordnung des Zeichens zu einem Unternehmen in einem bestimmten abgegrenzten Wirtschaftgebiet
erreicht worden ist (BGH GRUR 1957, 93 - "Ihr Funkberater"; GRUR 1967, 482, 485 – "WKS Möbel II";
GRUR 79, 470, 472 – "RBB/RBT"; GRUR 92, 865 – "Volksbank", sämtlich noch zum Warenzeichengesetz;
OLG Dresden GRUR-RR 2002, 257 – "Halberstädter Würstchen").
2. Eine regional begrenzte Verkehrgeltung (bzw. nach früherer unter dem WZG verwendeter
Terminologie: Verkehrsdurchsetzung) kommt in Betracht, wenn der Gewerbetreibende
seine gekennzeichneten Waren ausschließlich in einem bestimmten räumlich begrenzten Bezirk
absetzt und dort bei den beteiligten Verkehrskreisen einen ausreichend hohen Zuordnungsgrad
des Zeichens zu seinem Unternehmen erreicht hat.
3. Werden gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen im Internet und damit bundesweit angeboten (hier:
DSL-Internetzugänge - "4DSL"), kommt ein regional beschränkter Markenschutz nach § 4 Abs. 2 MarkenG wegen nur regionaler Verkehrsgeltung nicht in Betracht.
4. Insbesondere bei Dienstleistungen, die ihrer Natur nach ortsunabhängig von jedem Interessenten (hier: im
gesamten Bundesgebiet) in Anspruch genommen werden können, liegt ein entscheidender Unterschied zu den Fallgestaltungen
vor, in denen ein ausschließlich stationär tätiger Anbieter - wie etwa ein (bekanntes) Restaurant – für sein Angebot (auch)
im Internet wirbt. Mögen diesen Internetauftritt auch in entfernten Teilen Deutschlands lebende Interessierte
zur Kenntnis nehmen, so kommt es zur Inanspruchnahme der angebotenen Dienstleistungen doch
ausschließlich in dem Restaurant. Demgegenüber stellt die Versorgung eines in anderen Teilen der Bundesrepublik
ansässigen Kunden mit einer ortsunabhängigen Dienstleistung (hier: Bereitstellen von Internetzugängen)
ein Tätigwerden des Anbieters außerhalb der Region dar, in der er etwa seinen Sitz hat oder seine Angebote "vornehmlich" (etwa durch die Konzentration von Werbemaßnahmen) vertreibt.
Hierbei in Ansatz zu bringen ist, ob der Anbieter auch Aufträge von auswärtigen Kunden annimmt, die Dienstleistung
technisch ohne persönlichen Kontakt zum Kunden möglich und damit insoweit auch wirtschaftlich sinnvoll ist und auf eine entsprechende
"regionale Beschränkung" in dem betreffenden Internetauftritt nicht hingewiesen wird.
5. Auch im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung des BGH zum Warenzeichengesetz (WZG - BGH GRUR 1979, 470, 471 - RBB/RBT)
kommt ein regional beschränkter Markenschutz nicht in Betracht, wenn die angebotene Ware oder Dienstleistung keinen Bezug
zur Region hat, in welcher der Anbieter tätig ist. Dies ist bei dem Angebot von Internetzugängen und dem Vertriebsweg über
das Internet jedenfalls nicht der Fall.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 21.06.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1264
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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