Kurz notiert
Thomas Gramespacher
Auch Verbraucher sind Verletzer von Urheberrechten - "Bagatellklausel" des § 97a UrhG E ersatzlos streichen?
MIR 2007, Dok. 173, Rz. 1
1
Ende April (vgl. Kurz notiert: MIR Dok. 160-2007) hat die Bundesregierung den "Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" – BT Drucks 16/5048 im Bundestag vorgelegt.
Dieses Gesetzgebungsvorhaben und insbesondere die Einführung einer "Bagatellklausel für Urheberrechtsverletzungen" im Rahmen eines neuen § 97a UrhG E sorgte und sorgt für zahlreiche Diskussionen und Stellungnahmen verschiedenster Ausrichtung und Argumentation.
Nach § 97a UrhG E soll in bestimmten Fällen der urheberrechtlichen Abmahnung gegenüber Privaten (erstmalige Abmahnung, einfach gelagerte Fälle, unerhebliche Rechtsverletzung und außerhalb des geschäftlichen Verkehrs; vgl. dazu ausführlicher: MIR Dok. 160-2007) der Kostenerstattungsanspruch des Urheberrechtsinhabers gegenüber dem "verletzenden Verbraucher" auf max. 50 EUR "gedeckelt", d.h. begrenzt sein.
RA David Seiler aus Mainz, zugleich Fotodesigner, Freelens-Mitglied und Mitglied des Verwaltungsrates der VG Bild-Kunst, kritisiert in seiner Stellungnahme vom 30.01.2007 die geplante Regelung.
Auch Verbraucher sind Verletzer von Urheberrechten
Zwar sei es das begrüßenswerte und auch erklärte Ziel des Umsetzungsgesetzes, das geistige Eigentum zu stärken. Insbesondere die Regelung des § 97a UrhG E übergehe aber unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes, dass der Verbraucher sehr wohl Verletzer von Urheberrechten sei.
Durch die nahezu jedem zur Verfügung stehende Möglichkeit, Fotografien einfach zu digitalisieren bzw. Bilddateien von fremden Webseiten auf eigene Webseiten, bei ebay-Auktionen oder in Fotocommunities, z.B. flickr, günstig oder gar kostenfrei hochzuladen, kommt es gerade auch im nicht-gewerblichen Bereich zu unzähligen Verletzungen von Urheber- bzw. Leistungsschutzrechten an Fotografien. Es müsse sich von selbst verstehen, dass dem bereits verletzten Urheber durch die Abmahnung nicht noch ein weiterer Schaden in Form von nicht erstattungsfähigen Anwaltskosten entsteht.
Urheber doppelt bestraft: Starre Regelung macht wirtschaftliches Arbeiten und Durchsetzung von Rechten unmöglich
Seiler weißt insoweit auf den einen rein "tatsächlich, ökonomisch-praktischen Aspekt" hin. Die in dem Gesetzesentwurf vorgesehene Regelung der Deckelung der Abmahnkosten auf Euro 50,- EUR führe dazu, dass ein Anwalt, der den Sachverhalt und die einschlägige Rechtsprechung und Rechtslage im Rahmen seiner beruflichen Sorgfaltspflicht gründlich prüft und wirtschaftlich arbeiten will, derartige Leistung nicht für 50,- EUR inkl. 19% MwSt. (= netto 42 EUR) anbieten könne. Der Anwalt werde gezwungen eine angemessene Honorarvereinbarung - mit dem Verletzten - zu treffen.
Die Folge, so Seiler: Der Urheber muss entweder auf eine Abmahnung und damit auf seine im grundgesetzlich garantierten Eigentumsrechte wirtschaftlich, faktisch aufgrund der Gebührendeckelung in § 97a UrhG-E verzichten oder bereit sein, aus Prinzip zur Durchsetzung seiner Rechte mehr Geld aufzuwenden, als er vom Rechtsverletzer erstattet verlangen kann. Der ohnehin in seinem Rechten verletzte Urheber werde praktisch doppelt bestraft. Es bestehe zudem die Gefahr, dass der Verletzer darauf spekulieren könne, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
"Normiertes Kavaliersdelikt" - Auswirkungen auf das Unrechtsbewusstsein der Bevölkerung
Seiler warnt zudem vor negativen Auswirkungen auf das Unrechtsbewusstsein weiter Bevölkerungskreise durch die Abkehr vom Kostenerstattungsprinzip. Es bedürfe aber auch nicht der Gebührendeckelung, um Rechtsverletzer vor überzogenen Abmahnkostenerstattungsansprüchen zu schützen, da es mildere Mittel gebe. Die Inanspruchgenommenen könnten sich in Gebührenfragen etwa an die Rechtsanwaltskammer des jeweiligen Anwaltes wenden, wenn sie die Gebührenforderung für überzogen halten oder sie können eine gerichtliche Überprüfung herbeiführen. In dem von Ihnen zur Rechtfertigung der Gebührendeckelung herangezogenen Fall des zur Tatzeit nahezu Volljährigen wurde gerichtlich festgestellt, dass der Erstattungsanspruch auch der Höhe nach gerechtfertigt war.
Ersatzlose Streichung der "Gebührendeckelung"
Seiler plädiert schließlich für die ersatzlose Streichung der "Gebührendeckelung", da diese dem Sinn und Zwecke des Entwurfes nach nicht zu einer Stärkung der Urheberrechte sonder im Gegenteil zu einer verfassungswidrigen Aushölung und Schwächung der Rechte der Urheber am geistigen Eigentum führe.
Die vollständige Stellungnahme von RA David Seiler findet sich unter http://www.fotorecht.de/publikationen/stellungnahme-abmahngebuehrendeckelung.pdf. Die hier wiedergegebenen Positionen als auch Änderungsvorschläge des Bundesrates (Rechtsausschuss) wurden von der Bundesregierung bisher nicht berücksichtigt (vgl. zuletzt MIR Dok. 160-2007).
Dieses Gesetzgebungsvorhaben und insbesondere die Einführung einer "Bagatellklausel für Urheberrechtsverletzungen" im Rahmen eines neuen § 97a UrhG E sorgte und sorgt für zahlreiche Diskussionen und Stellungnahmen verschiedenster Ausrichtung und Argumentation.
Nach § 97a UrhG E soll in bestimmten Fällen der urheberrechtlichen Abmahnung gegenüber Privaten (erstmalige Abmahnung, einfach gelagerte Fälle, unerhebliche Rechtsverletzung und außerhalb des geschäftlichen Verkehrs; vgl. dazu ausführlicher: MIR Dok. 160-2007) der Kostenerstattungsanspruch des Urheberrechtsinhabers gegenüber dem "verletzenden Verbraucher" auf max. 50 EUR "gedeckelt", d.h. begrenzt sein.
RA David Seiler aus Mainz, zugleich Fotodesigner, Freelens-Mitglied und Mitglied des Verwaltungsrates der VG Bild-Kunst, kritisiert in seiner Stellungnahme vom 30.01.2007 die geplante Regelung.
Auch Verbraucher sind Verletzer von Urheberrechten
Zwar sei es das begrüßenswerte und auch erklärte Ziel des Umsetzungsgesetzes, das geistige Eigentum zu stärken. Insbesondere die Regelung des § 97a UrhG E übergehe aber unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes, dass der Verbraucher sehr wohl Verletzer von Urheberrechten sei.
Durch die nahezu jedem zur Verfügung stehende Möglichkeit, Fotografien einfach zu digitalisieren bzw. Bilddateien von fremden Webseiten auf eigene Webseiten, bei ebay-Auktionen oder in Fotocommunities, z.B. flickr, günstig oder gar kostenfrei hochzuladen, kommt es gerade auch im nicht-gewerblichen Bereich zu unzähligen Verletzungen von Urheber- bzw. Leistungsschutzrechten an Fotografien. Es müsse sich von selbst verstehen, dass dem bereits verletzten Urheber durch die Abmahnung nicht noch ein weiterer Schaden in Form von nicht erstattungsfähigen Anwaltskosten entsteht.
Urheber doppelt bestraft: Starre Regelung macht wirtschaftliches Arbeiten und Durchsetzung von Rechten unmöglich
Seiler weißt insoweit auf den einen rein "tatsächlich, ökonomisch-praktischen Aspekt" hin. Die in dem Gesetzesentwurf vorgesehene Regelung der Deckelung der Abmahnkosten auf Euro 50,- EUR führe dazu, dass ein Anwalt, der den Sachverhalt und die einschlägige Rechtsprechung und Rechtslage im Rahmen seiner beruflichen Sorgfaltspflicht gründlich prüft und wirtschaftlich arbeiten will, derartige Leistung nicht für 50,- EUR inkl. 19% MwSt. (= netto 42 EUR) anbieten könne. Der Anwalt werde gezwungen eine angemessene Honorarvereinbarung - mit dem Verletzten - zu treffen.
Die Folge, so Seiler: Der Urheber muss entweder auf eine Abmahnung und damit auf seine im grundgesetzlich garantierten Eigentumsrechte wirtschaftlich, faktisch aufgrund der Gebührendeckelung in § 97a UrhG-E verzichten oder bereit sein, aus Prinzip zur Durchsetzung seiner Rechte mehr Geld aufzuwenden, als er vom Rechtsverletzer erstattet verlangen kann. Der ohnehin in seinem Rechten verletzte Urheber werde praktisch doppelt bestraft. Es bestehe zudem die Gefahr, dass der Verletzer darauf spekulieren könne, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
"Normiertes Kavaliersdelikt" - Auswirkungen auf das Unrechtsbewusstsein der Bevölkerung
Seiler warnt zudem vor negativen Auswirkungen auf das Unrechtsbewusstsein weiter Bevölkerungskreise durch die Abkehr vom Kostenerstattungsprinzip. Es bedürfe aber auch nicht der Gebührendeckelung, um Rechtsverletzer vor überzogenen Abmahnkostenerstattungsansprüchen zu schützen, da es mildere Mittel gebe. Die Inanspruchgenommenen könnten sich in Gebührenfragen etwa an die Rechtsanwaltskammer des jeweiligen Anwaltes wenden, wenn sie die Gebührenforderung für überzogen halten oder sie können eine gerichtliche Überprüfung herbeiführen. In dem von Ihnen zur Rechtfertigung der Gebührendeckelung herangezogenen Fall des zur Tatzeit nahezu Volljährigen wurde gerichtlich festgestellt, dass der Erstattungsanspruch auch der Höhe nach gerechtfertigt war.
Ersatzlose Streichung der "Gebührendeckelung"
Seiler plädiert schließlich für die ersatzlose Streichung der "Gebührendeckelung", da diese dem Sinn und Zwecke des Entwurfes nach nicht zu einer Stärkung der Urheberrechte sonder im Gegenteil zu einer verfassungswidrigen Aushölung und Schwächung der Rechte der Urheber am geistigen Eigentum führe.
Die vollständige Stellungnahme von RA David Seiler findet sich unter http://www.fotorecht.de/publikationen/stellungnahme-abmahngebuehrendeckelung.pdf. Die hier wiedergegebenen Positionen als auch Änderungsvorschläge des Bundesrates (Rechtsausschuss) wurden von der Bundesregierung bisher nicht berücksichtigt (vgl. zuletzt MIR Dok. 160-2007).
Weitere Artikel zum Thema in MIR:
"Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs bei urheberrechtlichen Abmahnungen gegenüber
Privaten: "Es bleibt beim geplanten § 97a UrhG."", MIR Dok. 232-2006,
"Zypries stellt Gesetzesentwurf mit Änderungen im Patent-, Marken- und Urheberrechtsgesetz vor -
Erstattunsfähige Anwaltskosten für Abmahnungen gegenüber Privaten max. 50 EUR", MIR Dok. 227-2006,
"§ 97a UrhG - Begrenzung der Kostenerstattung bei urheberrechtlichen Erstabmahnungen von Privaten",
MIR Dok. 165-2006, Rz. 1-6,
"Deckelung" des Gegenstandswertes für Schutzrechtsabmahnungen gegenüber Privatanwendern bzw. Verbrauchern",
MIR Dok. 064-2006, Rz. 1-15
Online seit: 05.05.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/675
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