Rechtsprechung
LG Leipzig, Urteil vom 16.11.2006 - Az. 3 HK O 2566/06
"bananabay" - AdWords und Kennzeichenrecht - Die Verwendung von auf individuellen Kennzeichnungen beruhenden AdWords verletzt die Zeichenrechte des Inhabers. Zum wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch bei Verwendung markenrechtlich geschützter Begriffe als AdWord.
MarkenG § 14; UWG § 3, § 4 Ziff. 10
Leitsätze:*1. Die Grundsätze, wonach die Verwendung eines fremden Kennzeichens als META-Tag im geschäftlichen Verkehr eine kennzeichenmäßige
Benutzung darstellt (BGH, Az: I ZR 183/03 =
MIR Dok. 196-2006),
gelten gleichermaßen für die Verwendung eines fremden markenrechtlich geschützten Begriffs als AdWord.
Insoweit ist es nicht entscheidend, dass das Suchwort für den Nutzer auf der entsprechenden Internetseite nicht sichtbar wird.
Maßgeblich ist vielmehr, dass mit Hilfe des Suchwortes das Ergebnis des Auswahlverfahrens beeinflusst und der Nutzer auf diese
Weise zu der entsprechenden Internetseite geführt wird ("Lotsenfunktion"). Das Suchwort dient somit dazu, den Nutzer auf das dort werbende
Unternehmen und sein Angebot hinzuweisen.
2. Sowohl AdWords als auch Metatags sind jeweils für den Internetnutzer nicht unmittelbar sichtbar, ihre Verwendung führt
jedoch innerhalb von Suchmaschinen gleichermaßen zu Treffern bzw. Anzeigen.
3. Bei der Beantwortung der Frage einer zeichenmäßigen Benutzung ist grundsätzlich von einer differenzierten Betrachtung des
Einzelfalls auszugehen, die dabei anzusetzen hat, welche Vorstellungen der Verbraucher bei Aufruf des konkreten Zeichens und
der ihm sodann gezeigten Trefferliste haben wird (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2005, 118; LG Braunschweig, Urteil vom 27.07.2006,
Az. 9 O 1778/06 =
MIR Dok. 195-2006; LG Braunschweig, Urteil vom 28.12.2005, Az.: 9 O 2852/05). Eine markenmäßige Benutzung erfordert, dass die
in Rede stehende Bezeichnung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens, also als
Marke benutzt wird, nicht aber dass die Verwendung zu anderen Zwecken erfolgt. Eine Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung
setzt demnach voraus, dass sie jedenfalls im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes auch der Unterscheidung der Waren bzw.
Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderen Unternehmen dient (hier bejaht - vgl. OLG Dresden, Urteil vom 30.08.2005, Az.: 14 U 498/05.)
4. Zwar ist das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen von Kunden, selbst wenn es zielbewusst und systematisch
erfolgt, nicht per se unzulässig. Unlauter wird das Eindringen in den fremden Kundenkreis aber dann, wenn besondere, die
Unterlauterkeit begründende Umstände hinzutreten.
5. Eine unlautere Behinderung des Wettbewerbers durch Einwirkung auf den (potentiellen) Kundenkreis liegt vor, wenn dieser
durch unsachliche Beeinflussung am möglichen Erwerb der Ware des Mitbewerbers gehindert werden soll, der Wettbewerber sich
gleichsam zwischen den Kaufinteressenten und den Mitbewerber schiebt, um ihn zu einer Änderung des Kaufentschlusses zu veranlassen
(vgl. BGH GRUR 2001, 1061 m.w.N.).
6. Eine sittenwidrige Umleitung der Kunden durch die Benutzung von markenrechtlich geschützten Begriffen im Rahmen von AdWords Kampagnen kann vorliegen, wenn der Nutzer, der die besondere Geschäftsbezeichnung des Schutzrechtsinhabers gerade auf der Suche nach dessen Internetauftritt
als Suchwort eingegeben hatte, veranlasst werden kann, sich nicht wie beabsichtigt dessen Angeboten, sondern auch denjenigen
des mit diesem konkurrierenden Werbenden zuzuwenden. In diesem Zusammenhang fällt besonders ins Gewicht, wenn der jeweils
streitgegenständliche Suchbegriff kein Gattungsbegriff ist, sondern (wie hier) die geschäftliche Bezeichnung der Beklagten
darstellt, die markenrechtlich geschützt ist (vgl. hierzu auch OLG Köln, K&R 2006, 240). Dann zielt die Verwendungshandlung des Werbenden
maßgeblich darauf ab, die mechanische Suchfunktion der Suchmaschine durch "Buchung der Marke" als AdWord für sich selbst
wie einen "Eye-Catcher" auszunutzen.
MIR 2007, Dok. 093
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 11.03.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/595
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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