Rechtsprechung
LG Mannheim, Urteil vom 29.09.2006 - Az. 7 O 62/06
(Mit-) Störerhaftung des Internet-Anschlussinhabers für (P2P) Urheberrechtsverletzungen - Der Inhaber eines Internetanschlusses ist sowohl rechtlich als auch tatsächlich in der Lage, dafür zu sorgen, dass dieser Anschluss nicht für Rechtsverletzungen genutzt wird.
UrhG § 97 Abs. 1
Leitsätze:*1. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist sowohl rechtlich als auch tatsächlich in der Lage, dafür zu sorgen, dass
dieser Anschluss nicht für Rechtsverletzungen genutzt wird. Soweit er dazu mangels Kenntnisse
nicht in der Lage ist, muss er sich, wenn er selbst einen entsprechenden Internetanschluss betreibt, der Hilfe Dritter bedienen.
2. Soweit ein Anschlussinhaber den Anschluss Familienangehörigen und insbesondere seinen Kindern zur Verfügung stellt, beruht
die Eröffnung des Zugangs zum Internet auf dem familiären Verbund. Prüfungs- und Überwachungspflichten sind dann nur insoweit
anzunehmen, als diese im Rahmen der Erziehung von Kindern in Abhängigkeit von deren Alter auch auf anderen Betätigungsfeldern
notwendig sind. Eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des (Ehe-)Partners ist ohne konkreten Anlass
nicht zumutbar. Ohne Anlass für die Annahme, dass Familienmitglieder in rechtswidriger Weise Urheberrechte im Rahmen der
Nutzung des Internets verletzen, kommt eine ständige Überwachung oder gar eine Sperrung des Anschlusses für diese nicht in Betracht.
3. Stellt ein Anschlussinhaber seinen Internetanschluss nicht nur den eigenen Familienangehörigen, sondern auch Dritten zur
Verfügung (hier etwa Freunden der erwachsenen Kindern) und unternimmt er in einem solchen Fall keinerlei Maßnahmen, um
die von ihrem Internetanschluss ausgehenden Handlungen zu prüfen, verstößt er gegen die ihm obliegenden Prüfungspflichten.
Handlungen, die im eigenen Haushalt geschehen, zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu unterbinden ist ein Leichtes und
auch zuzumuten.
4. Allein der Umstand, dass ein Rechtsinhaber (hier: Urheber eines Computerprogramms) massenhaften Verletzungen seiner
urheberrechtlich geschützten Nutzungsrechte in jedem Einzelfall nachgeht, macht ein solches Vorgehen noch nicht rechtsmissbräuchlich.
Hiergegen spricht auch der Umstand, dass der Rechtsinhaber lediglich eine pauschalierten Schadenersatz in Höhe von 50,00 EUR und Abmahnkosten in
Höhe von 150,00 EUR geltend macht.
5. Die für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch begründete Störerhaftung eröffnet keinen Schadensersatzanspruch
(BGH, GRUR 2002, 618,619 - Meißner Dekor; BGHZ 158,236, 253- Internetversteigerung).
MIR 2007, Dok. 064
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 13.02.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/566
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Beschluss vom 24.11.2022 - I ZR 25/22, MIR 2023, Dok. 017
Google-Ads-Anzeigen begründen Vertriebsweg im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG - Auskunftsanspruch umfasst auch Dauer
KG Berlin, Urteil vom 13.07.2021 - 5 U 87/19, MIR 2021, Dok. 087
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde im Markenlöschungsverfahren im Regelfall EUR 50.000,00
BGH, Beschluss vom 22.12.2017 - I ZB 45/16, MIR 2018, Dok. 005
Preisnachlass oder UVP - Zur Irreführung bei einer Werbung mit einer eigenen unverbindlichen Preisempfehlung
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 28.06.2022 - 6 W 30/22, MIR 2022, Dok. 051
Weihnachtsgruß nach vier Jahren - Kein Fortbestand einer einmal erteilten Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung nach den Umständen des Einzelfalls
AG München, Urteil vom 14.02.2023 - 161 C 12736/22, MIR 2023, Dok. 020