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Rechtsprechung



LG München I, Urteil vom 15.11.2006 - Az. 33 O 11693/06

"E-Mail Presse Spam ?" - Bei einer E-Mail, die einer Recherchemaßnahme der Presse dient und in der das Ziel der Informationsbeschaffung nicht nur vorgeschoben ist um eine eigentliche Absatzförderung zu verschleiern, handelt es sich nicht um - auch nicht um "verkappte" - Werbung.

BGB § 823 I, § 1004

Leitsätze:*

1. In einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, die das "Aufmerksammachen auf Produkte" verbietet, liegt keine Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, jedweden E-Mail Kontakt mit dem Unterlassungsgläubiger zu meiden.

2. Auch eine Rechtsanwaltskanzlei fällt in den Schutzbereich des § 823 I BGB unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs und im unverlangten Zusenden von Werbung per E-Mail kann durchaus ein widerrechtlicher Eingriff in dieses Recht liegen.

3. Bei einer E-Mail, die einer Recherchemaßnahme der Presse dient und in der das Ziel der Informationsbeschaffung nicht nur vorgeschoben ist um eine eigentliche Absatzförderung zu verschleiern, handelt es sich nicht um - auch nicht um "verkappte" - Werbung.

4. Bezweckt eine E-Mail in erster Linie die Informationsbeschaffung für die geplante Veröffentlichung eines Presse-Verlages (hier: Umfrage bei Steuerberatungskanzleien für eine Magazinausabe) und wird dem Betroffenen (hier: einem Rechtsanwalt) in diesem Zusammenhang selbst die Möglichkeit der Präsentation gegeben, liegt eine umnmittelbare Beeinträchtigung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht vor.

5. Das Recht der Presse zur Informationsbeschaffung durch Art. 5 I GG ist umfassend geschützt und kann im Rahmen einer Interessenabwägung dazu führen, dass das Intersse eines Presseunternehmens bzw. einer Redaktion an der Zusendung einer E-Mail überwiegt. Denn würde man in der Zusendung jeder Umfrage- oder überhaupt jeder E-Mail einer Redaktion einen rechtswidrigen Eingriff i.S.d. § 823 I BGB sehen, wäre der Presse die Informationsbeschaffungsmöglichkeit über das Internet fast völlig verwehrt. Zudem kann zu berücksichtigen sein, dass die E-Mail Adresse des Betroffenen in einem frei zugänglichen Online-Verzeichnis aufzufinden ist.

MIR 2006, Dok. 276


Anm. der Redaktion: Die Entscheidung ist am 19.12.2006 noch nicht rechtskräftig. Misslich scheint vor allem der Hinweis des Gerichts, dass die E-Mail Adresse des Betroffenen in einem frei zugänglichen Online-Verzeichnis aufzufinden ist und dies gegen die Widerrechtlichkeit der Zusendung der streitgegenständlichen E-Mail spreche. Mag die in der Entscheidung im Ergebnis vertretene Lösung im konkreten Fall auch annehmbar sein, kann gleichwohl nicht davon ausgegangen werden, dass die Zugänglichmachung der E-Mail Adresse in einem öffentlichen (Online-) Verzeichnis ein taugliches Kriterium zur Rechtfertigung einer E-Mail Werbung ist. Jedenfalls findet dies vor allem im Wettbewerbsrecht wohl keine Stütze.

Ein besonderer Dank für die Mitteilung der Entscheidung gilt Frau RiLG Gabriele Tilmann, München.
Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 20.12.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/494

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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