Rechtsprechung
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.07.2006 - Az. 6 U 37/06
Die Möglichkeit der alternativen Teilnahme an einem Gewinnspiel via Internet und/oder SMS ist nicht geeignet, eine Entkoppelung der Teilnahme an dem Gewinnspiel von dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen zu bewirken.
UWG § 4 Nr. 6
Leitsätze:*1. Für die Beurteilung der Frage ob eine Wettbewerbshandlung den Tatbestand des § 4 Nr. 6 UWG ausfüllt, ist es unschädlich,
dass die Teilnahme an einem Gewinnspiel nicht von dem Erwerb einer bestimmten Ware oder der Inanspruchnahme einer bestimmten
Dienstleistung abhängig ist. Es genügt vielmehr, dass der Verbraucher irgendeine Ware oder Dienstleistung erwerben muss,
um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können.
2. Eine Abhängigkeit im Sinne des § 4 Nr. 6 UWG liegt nicht nur dann vor, wenn der Verbraucher rechtlich gezwungen ist,
einen Kauf zu tätigen, um teilnehmen zu können. Ausreichend ist auch eine tatsächliche Abhängigkeit.
Sie ist gegeben, wenn der Verbraucher aus anderen als rechtlichen Gründen nicht umhin kann, eine Ware oder Dienstleistung
zu erwerben, um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können. Maßstab ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten,
situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers.
3. Die auf der letzten Seite eines Werbeflyers angebotene Möglichkeit der alternativen Teilnahme an einem Gewinnspiel
via Internet und/oder SMS ist nicht geeignet, eine Entkoppelung der Teilnahme an dem Gewinnspiel von dem Erwerb von Waren
oder Dienstleistungen (hier: der Partnerunternehmen des Werbenden) zu bewirken.
4. Die Teilnahme über das Internet stellt derzeit noch keine gleichwertige Alternative gegenüber
dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung dar, weil der Verbreitungsgrad des Mediums Internet
derzeit noch nicht hoch genug ist, um den Teil der Verbraucher, denen dieser Weg nicht offen steht, vernachlässigen zu
können. Auch die Teilnahme per SMS stellt keine gleichwertige Alternative dar. Nicht jeder Handy-Nutzer bedient sich des
"Short Message Service".
MIR 2006, Dok. 263
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 10.12.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/481
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 072
Legal Tech - Vertragsgenerator "smartlaw" verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz
Oberlandesgericht Köln, MIR 2020, Dok. 051
Ferrari 458 Speciale - Pflicht zur Information über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines beworbenen Pkw-Modells besteht unabhängig von dessen Verfügbarkeit
BGH, Urteil vom 01.04.2021 - I ZR 115/20, MIR 2021, Dok. 044
EuGH-Vorlage zum Vertrieb von Arzneimitteln über eine Internet-Verkaufsplattform (Amazon) - Verfolgung eines DSGVO-Verstoßes durch Mitbewerber und Gesundheitsdaten beim Internetvertrieb von (nur) apothekenpflichtigen Medikamenten
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 005
Ballaststoffreich - Zum Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zwischen einem Bio-Bauer und dem Betreiber eines Online-Shop im Hinblick auf das Angebot von Müslimischungen und Zutaten
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 11.11.2021 - 6 U 81/21, MIR 2021, Dok. 099