Kurz notiert
Landgericht München I
"Adword"-Werbung für Rechtsanwälte wegen fehlender Sachlichkeit verboten
LG München I, Urteil vom 26.10.2006, Az.: 7 O 16794/06, nicht rechtskräftig
MIR 2006, Dok. 223, Rz. 1
1
Mit am 26.10. 2006 verkündetem Endurteil verbot die 7. Zivilkammer des Landgerichts München I zwei Rechtsanwälten eine
sogenannte "Adword"-Werbung bei der Internetsuchmaschine Google wegen fehlender Sachlichkeit.
Die Anwälte, die sich schwerpunktmäßig mit Bank- und Kapitalmarktrecht befassen, betreiben zu diesem Thema eine Internetseite. Bei Eingabe des Namens eines bestimmten Kapitalanlage-Fonds in der Suchmaschine Google erschien als "erster Treffer" - farblich unterlegt und als "Anzeige" gekennzeichnet - der Link auf die von den Anwälten betriebene Seite mit dem Zusatz: "Prospekte fehlerhaft Schadensersatz für Anleger", ohne dass sich ein Zusatz dabei befand oder aus dem Namen der Seite sich ergab, dass die Seite durch Rechtsanwälte betrieben wurde. Die Anwälte hatten zuvor den Namen des Fonds bei Google als sogenanntes "Adword" angemeldet. Auf der von den Anwälten betriebenen verlinkten Internetseite war dann eine Pressemitteilung veröffentlicht, die sich mit angeblichen Prospektfehlern und möglichen Schadensersatzansprüchen hinsichtlich des Fonds befasste.
Standesrechtlich unzulässiges "Fischen nach Mandanten"
Dies war den Fondanbietern ein Dorn im Auge und deshalb machten sie Unterlassungsansprüche wegen einer Markenrechtsverletzung im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht München I geltend. Die Verwendung des Fondnamens als "Adword" stelle eine solche Markenrechtsverletzung dar. Weiterhin liege eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung vor, da potentielle Kunden abgeschreckt würden. Im Übrigen handele es sich um ein für Anwälte standesrechtlich unzulässiges "Fischen nach Mandanten".
Die Richter konnten zwar in der Verwendung des Fondnamens keinen markenrechtlichen Verstoß feststellen, da nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verwendung einer fremden Marke als Suchwort erlaubt ist, wenn das Suchwort als Hinweis auf den Inhalt einer Internetseite verwendet wird. Dies ist aber hier der Fall, da auf der Seite eine kritische Auseinandersetzung mit dem Fond erfolgt.
"Marktschreierische" Herausstellung führt zur Unsachlichkeit der Werbung
Allerdings ist die Werbung deswegen unzulässig, da sie sich nicht mehr im Rahmen einer sachlichen Unterrichtung über das Dienstleistungsangebot der Anwälte bewegt. Die Unsachlichkeit der Werbung folgt daraus, dass eine übertrieben reklamehafte "marktschreierische" Herausstellung gegenüber einer Interessentengruppe erfolgt, die sich nicht über anwaltliche Dienstleistungen informieren will. Wer den Namen des Fonds in die Suchmaschine eingibt, will sich über den Fond informieren und nicht über Rechtsanwaltsdienstleistungen. Auch bleibt zunächst unklar, dass es sich um Werbung von Rechtsanwalten handelt. Die erfährt der Internetnutzer erst, wenn er auf die von den Anwälten betriebene Seite zugreift.
Aufgrund dieser fehlenden Sachlichkeit wurde den Anwälten die "Adword"-Werbung in dem einstweiligen Verfügungsverfahren durch Endurteil verboten.
(tg)
Quelle: PM Nr. 76/2006 des LG München I vom 14.11.2006
Die Anwälte, die sich schwerpunktmäßig mit Bank- und Kapitalmarktrecht befassen, betreiben zu diesem Thema eine Internetseite. Bei Eingabe des Namens eines bestimmten Kapitalanlage-Fonds in der Suchmaschine Google erschien als "erster Treffer" - farblich unterlegt und als "Anzeige" gekennzeichnet - der Link auf die von den Anwälten betriebene Seite mit dem Zusatz: "Prospekte fehlerhaft Schadensersatz für Anleger", ohne dass sich ein Zusatz dabei befand oder aus dem Namen der Seite sich ergab, dass die Seite durch Rechtsanwälte betrieben wurde. Die Anwälte hatten zuvor den Namen des Fonds bei Google als sogenanntes "Adword" angemeldet. Auf der von den Anwälten betriebenen verlinkten Internetseite war dann eine Pressemitteilung veröffentlicht, die sich mit angeblichen Prospektfehlern und möglichen Schadensersatzansprüchen hinsichtlich des Fonds befasste.
Standesrechtlich unzulässiges "Fischen nach Mandanten"
Dies war den Fondanbietern ein Dorn im Auge und deshalb machten sie Unterlassungsansprüche wegen einer Markenrechtsverletzung im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht München I geltend. Die Verwendung des Fondnamens als "Adword" stelle eine solche Markenrechtsverletzung dar. Weiterhin liege eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung vor, da potentielle Kunden abgeschreckt würden. Im Übrigen handele es sich um ein für Anwälte standesrechtlich unzulässiges "Fischen nach Mandanten".
Die Richter konnten zwar in der Verwendung des Fondnamens keinen markenrechtlichen Verstoß feststellen, da nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verwendung einer fremden Marke als Suchwort erlaubt ist, wenn das Suchwort als Hinweis auf den Inhalt einer Internetseite verwendet wird. Dies ist aber hier der Fall, da auf der Seite eine kritische Auseinandersetzung mit dem Fond erfolgt.
"Marktschreierische" Herausstellung führt zur Unsachlichkeit der Werbung
Allerdings ist die Werbung deswegen unzulässig, da sie sich nicht mehr im Rahmen einer sachlichen Unterrichtung über das Dienstleistungsangebot der Anwälte bewegt. Die Unsachlichkeit der Werbung folgt daraus, dass eine übertrieben reklamehafte "marktschreierische" Herausstellung gegenüber einer Interessentengruppe erfolgt, die sich nicht über anwaltliche Dienstleistungen informieren will. Wer den Namen des Fonds in die Suchmaschine eingibt, will sich über den Fond informieren und nicht über Rechtsanwaltsdienstleistungen. Auch bleibt zunächst unklar, dass es sich um Werbung von Rechtsanwalten handelt. Die erfährt der Internetnutzer erst, wenn er auf die von den Anwälten betriebene Seite zugreift.
Aufgrund dieser fehlenden Sachlichkeit wurde den Anwälten die "Adword"-Werbung in dem einstweiligen Verfügungsverfahren durch Endurteil verboten.
(tg)
Quelle: PM Nr. 76/2006 des LG München I vom 14.11.2006
Hinweis der Redaktion: vgl. hierzu:
LG München I, Urteil vom 26.10.2006 - Az. 7 O 16794/06 = MIR Dok. 224-2006.
Online seit: 14.11.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/441
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