Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 14.06.2006 - Az. I ZR 249/03
"Stadt Geldern" - Verwendet ein privater Auskunftsdienst den Namen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Anzeigen und entsteht dadurch der falsche Eindruck, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung erteilt, wird das Namensrecht der öffentlich-rechtlichen Körperschaft verletzt.
Leitsätze:*
BGB §§ 12, 1004
1. Verwendet ein privater Auskunftsdienst den Namen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Anzeigen und entsteht dadurch
der falsche Eindruck, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur Verwendung erteilt, wird das Namensrecht der
öffentlich-rechtlichen Körperschaft verletzt. Handelt es sich um eine grobe Namensverletzung, die unschwer zu erkennen
ist, weil ein Hoheitsträger üblicherweise über seinen Geschäftsbereich selbst Auskunft erteilt und nicht einen privaten
Auskunftsdienst einschaltet, kann auch der Herausgeber eines Verzeichnisses von Telekommunikationsteilnehmern auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden.
2. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder
Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des absoluten Rechts beiträgt.
3. Ein Presse- und Verlagsunternehmen haftet bei der Veröffentlichung von Werbeanzeigen Dritter als Störer, wenn es gegen seine Pflicht
zur Prüfung verstoßen hat, ob die Veröffentlichung der Anzeige gegen gesetzliche Vorschriften verstößt.
4. Bei dem Umfang derartiger Prüfungspflichten ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Anzeigen bei der Veröffentlichung
unter dem Gebot der raschen Entscheidung steht. Die Prüfungspflicht beschränkt sich daher auf grobe und unschwer erkennbare Rechtsverstöße.
5. Ein Presse- oder Verlagsunternehmen ist nur wegen eines massenhaften Anfalls von Anzeigenaufträgen nicht von jeder Prüfungspflicht
freigestellt. Dies gilt jedenfalls, solange ein Anzeigengeschäft nicht mit der automatisierten Erstregistrierung von Domainnamen vergleichbar ist,
für die eine auch nur eingeschränkte Prüfungspflicht zu verneinen wäre (ambiente.de - BGH 148, 13, 18).
6. Vom Gebrauch eines Namens i.S. des § 12 BGB ist nicht nur bei einer namens- oder kennzeichenmäßigen Benutzung der Bezeichnung durch einen
Dritten auszugehen, sondern auch bei einer Verwendungsweise des Namens, durch die der Namensträger zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder
Produkten in Beziehung gesetzt wird, mit denen er nicht zu tun hat. Dabei genügt, dass im Verkehr der falsche Eindruck entsteht, der
Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur entsprechenden Verwendung des Namens erteilt (Zuordnungsverwirrung).
MIR 2006, Dok. 134
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 22.08.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/349
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