Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Notwendigkeit eines Warnhinweises bei der Anzeigenwerbung für Cigarillos bejaht - Nicht die "Werberichtlinien" der Tabakindustrie, sondern das lauterkeitsrechtliche Verhaltensgebot des UWG ist maßgebend.
BGH, Urteil vom 13.07.2006 - Az. I ZR 234/03
Vorinstanzen: LG Offenburg, Urteil vom 14.05.2003 - Az. 5 O 16/03 und OLG Karlsruhe in Freiburg, Urteil vom 9.10.2003 - Az. 4 U 99/03
MIR 2006, Dok. 123, Rz. 1
1
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige 1. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat auf Klage des Bundesverbandes der
Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände anders als die Vorinstanzen
erkannt, dass auch bei der Werbung für Cigarillos ein Warnhinweis zur
Gesundheitsschädlichkeit des Rauchens gegeben werden muss.
Das Lauterkeitsrechtliche Verhaltensgebot des UWG bestimmt das Maß der Lauterkeit
Bereits im Jahre 1993 hatte der BGH der für Zigaretten werbenden Tabakindustrie aufgegeben, den für die Verpackung von Tabakwaren vorgeschriebenen Warnhinweis auch in der Werbung sichtbar werden zu lassen. Die Tabakindustrie hielt in ihren "Werberichtlinien" bei der Werbung für Zigaretten einen entsprechenden Warnhinweis für angebracht, nicht aber für Cigarillos und sonstige Tabakwaren. Dieser Differenzierung maß der Senat aber keine Bedeutung bei. Nicht die vom werbenden Unternehmen oder Unternehmensverbänden selbst erstellten Richtlinien bestimmten das Maß der Lauterkeit, sondern das lauterkeitsrechtliche Verhaltensgebot des UWG, im vorliegenden Fall zum Schutz des Verbrauchers vor Gefahren für seine Gesundheit.
Der Bundesgerichtshof ist von einer allgemeinen sittlichen Verpflichtung ausgegangen, im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung das Bewusstsein der Schädlichkeit des Rauchens wachzuhalten. Im Hinblick auf die hochgradigen Gesundheitsgefahren des Rauchens sei das Unterbleiben eines Warnhinweises eine wettbewerbsrechtlich unangemessene und unsachliche Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher. Der Genuss von Cigarillos sei in etwa so gesundheitsschädlich wie das Rauchen von Zigaretten.
(tg)
Quelle: PM des BGH 116/2005 vom 11.08.2006
Das Lauterkeitsrechtliche Verhaltensgebot des UWG bestimmt das Maß der Lauterkeit
Bereits im Jahre 1993 hatte der BGH der für Zigaretten werbenden Tabakindustrie aufgegeben, den für die Verpackung von Tabakwaren vorgeschriebenen Warnhinweis auch in der Werbung sichtbar werden zu lassen. Die Tabakindustrie hielt in ihren "Werberichtlinien" bei der Werbung für Zigaretten einen entsprechenden Warnhinweis für angebracht, nicht aber für Cigarillos und sonstige Tabakwaren. Dieser Differenzierung maß der Senat aber keine Bedeutung bei. Nicht die vom werbenden Unternehmen oder Unternehmensverbänden selbst erstellten Richtlinien bestimmten das Maß der Lauterkeit, sondern das lauterkeitsrechtliche Verhaltensgebot des UWG, im vorliegenden Fall zum Schutz des Verbrauchers vor Gefahren für seine Gesundheit.
Der Bundesgerichtshof ist von einer allgemeinen sittlichen Verpflichtung ausgegangen, im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung das Bewusstsein der Schädlichkeit des Rauchens wachzuhalten. Im Hinblick auf die hochgradigen Gesundheitsgefahren des Rauchens sei das Unterbleiben eines Warnhinweises eine wettbewerbsrechtlich unangemessene und unsachliche Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher. Der Genuss von Cigarillos sei in etwa so gesundheitsschädlich wie das Rauchen von Zigaretten.
(tg)
Quelle: PM des BGH 116/2005 vom 11.08.2006
Online seit: 11.08.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/338
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