Rechtsprechung // Urheberrecht
OLG Hamburg, Urteil vom 24.08.2023 - 5 U 20/22
AdBlock Plus - Anbieten und Nutzen des Browser-Plugin "AdBlock Plus" stellt keine Urheberrechtsverletzung betreffend die aufgerufenen Websites dar
UrhG §§ 2 ff., 69a, 69c Nr. 1 und Nr. 2, 97 Abs. 1
Leitsätze:*1. Durch das Anbieten und/oder die Verwendung des Browser-Plugin "AdBlock Plus" liegt - unabhängig von der Frage, ob für die inkriminierten Websites überhaupt relevanter Urheberrechtsschutz besteht und unabhängig von dem Vorliegen der Aktivlegitimation der Klägerin (beides offengelassen) - im vorliegenden keine unberechtigte Vervielfältigung und/oder Umarbeitung von urheberrechtlich geschützten Computerprogrammen i.S.d. §§ 69a, 69c Nr. 1 und 2 UrhG betreffend die streitgegenständlichen Websites vor. Eine Urheberrechtsverletzung liegt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unberechtigten Vervielfältigung der Darstellung der Websites (Werkschutz im Sinne von § 2 UrhG in Bezug auf die "Oberflächengestaltung") vor. Anbieter und Nutzer von AdBlock Plus haften nicht als Mittäter einer Urheberrechtsverletzung.
2. Zum urheberrechtlichen Schutz von Webseiten insgesamt als Computerprogramme im Sinne von § 69a UrhG sowie als Werke im Sinne von § 2 UrhG.
Ebenfalls dahinstehen konnte nach Ansicht des Gerichts, ob die Klägerin hinsichtlich dieser Programme über ausschließliche Nutzungsrechte verfügt und damit aktivlegitimiert ist. Die Klägerin hat sich insoweit darauf berufen, dass die jeweiligen Webseiten von Mitarbeitern weisungsgemäß entwickelt und individuell programmiert worden seien. Die unbeschränkten ausschließlichen Nutzungsrechte an der Webseitenprogrammierung seien ihr eingeräumt worden. Demgegenüber haben die Beklagten (wohl zurecht) eingewandt, dass die auf den streitgegenständlichen Webseiten referenzierten JavaScripts und PHP- Passagen größtenteils nicht von der Klägerin stammten, sondern vollständig von Drittunternehmen entwickelt und in einer Vielzahl von anderen Webseiten ebenfalls verwendet worden seien. Insoweit läge das Fehlen einer Aktivlegitimation mangels eines ausschließlichen Nutzungsrechts nahe. Diese Sichtweise ist freilich lebensnah: In der Regel und auch "state of the art" findet moderne - zumal wirtschaftliche - Webentwicklung unter Rückriff auf Programmbibliotheken, Frameworks etc. statt.
RA Thomas Ch. Gramespacher, Bonn
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.10.2023
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3310
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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