Rechtsprechung // Markenrecht
BGH, Urteil vom 29.07.2021 - I ZR 163/19
Hohenloher Landschwein - Der Schutz geografischer Herkunftsangaben als Kollektivmarken nach dem MarkenG besteht neben dem Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen nach VO (EU) Nr. 1151/2012
MarkenG § 100 Abs. 1
Leitsätze:*1. Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gewährt die Eintragung einer geografischen Herkunftsangabe als Kollektivmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, solche Angaben im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den guten Sitten entspricht und nicht gegen § 127 MarkenG verstößt. Insbesondere kann nach § 100 Abs. 1 Satz 2 MarkenG eine solche Marke einem Dritten, der zur Benutzung einer geografischen Bezeichnung berechtigt ist, nicht entgegengehalten werden.
2. Der Schutz geografischer Herkunftsangaben als Kollektivmarken nach dem Markengesetz besteht grundsätzlich selbständig neben dem Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen nach der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. Ist eine nach deutschem Recht als Kollektivmarke eingetragene geografische Herkunftsangabe nicht nach der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 eingetragen und wurde auch kein Antrag auf eine Eintragung dorthin gestellt, wird die Anwendung des § 100 Abs. 1 MarkenG bei der Bestimmung der Grenzen zur Benutzung der Angabe seitens eines Dritten durch die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 daher weder gesperrt noch eingeschränkt. Im Rahmen der Abwägung, ob die Benutzung durch einen Dritten den guten Sitten im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 MarkenG entspricht, kann demgemäß auch die Qualitätsfunktion der Marke Berücksichtigung finden.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.10.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3119
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 03.07.2019 - VIII ZR 194/16, MIR 2019, Dok. 028
Ein "riesiger Shitstorm" muss auch riesig sein! - "Mückenpipi" reicht nicht.
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2020, Dok. 043
Parodie braucht Humor und Spott - Eine Parodie liegt nicht vor, wenn sich ein Wort- und/oder Bildbeitrag in der Kritik am Gegenstand eines Lichtbild(werk)s erschöpft
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.02.2023 - 11 U 101/22, MIR 2023, Dok. 019
Nachlizenzierung - Eine Lizenzierung nach Verletzung (hier: urheberrechtlicher Nutzungsrechte an Stadtplänen) ist nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen
BGH, Urteil vom 18.06.2020 - I ZR 93/19, MIR 2020, Dok. 066
Himalaya KönigsSalz - Zur Irreführung wegen einer (unzutreffenden) geografischen Herkunftsbezeichnung bei dem Angebot eines Steinspeisesalzes
OLG Köln, Urteil vom 08.04.2022 - 6 U 162/21, MIR 2022, Dok. 031