Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
KG Berlin, Beschluss vom 25.03.2021 - 5 W 1135/20
"wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben..." - Zur Bestimmung des Kerns der mit einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungstitels verbotenen Handlung
ZPO § 890
Leitsätze:*1. Das Vollstreckungsgericht hat durch Auslegung des Vollstreckungstitels zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser erfasst. Die Auslegung hat vom Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung auszugehen; soweit erforderlich, sind ergänzend auch der Tatbestand und die Gründe, die Antragsbegründung sowie der weitere Sachvortrag heranzuziehen. Für die Auslegung ist es ohne Bedeutung, welche sachlich-rechtlichen Ansprüche dem Gläubiger zustehen (BGH, Urteil vom 29.09.2016 - I ZB 34/15 - Rückruf von Rescue-Produkten). Das Verbot eines Unterlassungstitels umfasst über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus auch im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt (BGH, Urteil vom 29.09.2016 - I ZB 34/15 - Rückruf von Rescue-Produkten; KG Berlin, Beschluss vom 15.10.2020 - 5 W 1100/20).
2. Begehrt der Antragsteller die Unterlassung einer Werbung unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform ("wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben...") und stellt er dem eine der konkreten Verletzungsform wörtlich entnommene (aus mehreren Aspekten bestehende) Formulierung dessen, was unterlassen werden soll, voran, überlässt er es grundsätzlich dem von ihm im Erkenntnisverfahren angerufenen Gericht, zu bestimmen, auf welchen genannten Aspekt das Unterlassungsgebot gestützt wird (Fortführung von Senat, Beschluss vom 15.10.2020 - 5 W 1100/20).
3. Das Charakteristische der konkreten Verletzungsform, das für die Bestimmung des Kerns der verbotenen Handlung maßgeblich ist, ist auf dasjenige beschränkt, was bereits Prüfungsgegenstand im Erkenntnisverfahren war. Stützt das Gericht im Erkenntnisverfahren ein Verbot aber nicht auf einen bestimmten Umstand, darf die Auslegung des Titels in der Regel nicht dazu führen, dass er sich gleichwohl auf die Untersagung gerade dieses Aspekts erstreckt.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 07.06.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3087
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 26.01.2023 - I ZR 111/22, MIR 2023, Dok. 025
Schuldnerberatung Köln - Zur Irreführung durch Ortsangaben im Rahmen einer Google-AdWords-Anzeige
OLG Hamburg, Beschluss vom 03.02.2021 - 3 U 168/19, MIR 2021, Dok. 062
Bei der Verletzung von Bildrechten eines Berufsfotografen durch einen gewerblich handelnden Anspruchsgegner liegt der Streitwert für den Unterlassungsantrag regelmäßig zwischen EUR 5.000,00 und EUR 7.000,00
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 30.03.2020 - 11 W 8/20, MIR 2020, Dok. 050
Matratzen-UVP - Von einer ernstgemeinten und ernstgenommenen unverbindlichen Preisempfehlung kann im Matratzenhandel nicht mehr ausgegangen werden
OLG Köln, Urteil vom 09.09.2022 - 6 U 92/22, MIR 2022, Dok. 067
Anschrift des Klägers - Bei juristischen Personen des Privatrechts genügt als ladungsfähige Anschrift regelmäßig die Angabe der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift
BGH, Urteil vom 28.06.2018 - I ZR 257/16, MIR 2018, Dok. 043