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Kurz notiert // Äußerungsrecht



Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

Ein "riesiger Shitstorm" muss auch riesig sein! - "Mückenpipi" reicht nicht.

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.05.2021 - 16 W 8/21; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 20.1.2021 - 2/3 O 1/21

MIR 2020, Dok. 043, Rz. 1


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Bei dem Begriff "Shitstorm" handelt es sich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers um einen Sturm der Entrüstung. Lediglich wenige negative Stellungnahmen reichen dabei nicht aus, um sie als "riesigen Shitstorm" zusammenzufassen und zu bezeichnen. Kommt es nur zu wenigen kritischen Einzelstimmen, kann einem Presseorgan eine entsprechende Äußerung, jemand (hier: die Antragstellerin) habe einen "riesigen Shitstorm geerntet", als unwahre Tatsachenbehauptung untersagt werden, so das OLG Frankfurt a.M. mit Beschluss vom 11.05.2021 (16 W 8/21)

Zur Sache:

Die Antragstellerin ist Sängerin und Gründungsmitglied einer Band. Die Antragsgegnerin ist verantwortlich für die Inhalte einer Presseinternetseite. Sie berichtete in einem Artikel über einen ehemaligen Bandkollegen der Antragstellerin, der "in seiner Erinnerungskiste" gekramt und Videos der Antragstellerin gefunden hatte. Diese hatte er auch auf seinem Instagram-Account thematisiert. Die Antragstellerin hatten den Post mit den Worten: "Kennst du die Choreo noch ganz? Krieg die nicht mehr zusammen!!! Mann mann mann, Demenz" kommentiert. In dem Artikel der Antragsgegnerin heißt es u.a. dazu: "Auch seine ehemalige Bandkollegin (...) kommentiert, spricht von Demenz und erntet einen riesigen Shitstorm".

Die Antragstellerin wendet sich unter anderem gegen diese Äußerung. Das Landgericht hat den auf Unterlassung gerichteten Eilantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht teilweise Erfolg.

Entscheidung des Oberlandesgerichts: Unwahre Tatsachenbehauptung

In der Äußerung, dass die Antragstellerin einen riesigen Shitstorm geerntet habe, liege eine unwahre Tatsachenbehauptung.

Shitstorm = Sturm der Entrüstung

Bei dem Begriff "Shitstorm" handele es sich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers um einen Sturm der Entrüstung. Wenige negative Stellungnahmen reichten nicht dafür aus, um sie als "riesigen Shitstorm" zusammenzufassen. Hier habe sich zwar ein User kritisch geäußert; zudem gebe es einen kritischen Bericht auf einem anderweitigen Portal nebst Kommentar. Darin erschöpften sich indes die negativen Reaktionen, abgesehen von einem weinenden und zwei erstaunten Smileys, deren Konnotation allerdings nicht zweifelsfrei zugeordnet werden könne.

Wenige Reaktionen noch kein "Shitstorm"

Auch wenn die Äußerung der Antragstellerin unüberlegt gewesen sei, lasse sich die geschilderte Reaktion im Netz, die sich auf wenige Stimmen erstrecke, nicht als "Shitstorm" oder gar "riesigen Shitstorm" bezeichnen. Darunter verstehe der Leser eine Reaktion ganz anderen Ausmaßes.

Die im Eilverfahren ergangenen Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(tg) - Quelle: PM Nr. 40/2021 des OLG Frankfurt a.M. vom 27.05.2021

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 27.05.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3084
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