Rechtsprechung
OLG Hamburg
Urteil vom 14.04.2005 - Az. 3 U 222/04 - ("ggg DSL-Tarife - 6 Monate kostenlos" - Unlautere und irreführende Werbung für DSL-Tarife. Zu den Anforderungen an die Erläuterung von Werbeaussagen, insb. hinsichtlich Versandkostenangaben und der Erläuterung von Sternchenvermerken. §§ 3, 5 UWG)
Leitsätze (tg):
1. Wird gegenüber Endverbrauchern mit der Aussage: "ggg DSL-Tarife - 6 Monate kostenlos nutzen" geworben, wenn lediglich die Grundgebühr für die
ersten 6 Monate entfällt und der Kunde den Internetzugang nur solange kostenlos nutzen kann, bis die in der Grundgebühr enthaltenden monatlichen
Zeit- oder Volumenkontigente aufgebraucht sind, ist dies unläuter und irreführend, da beachtliche Teile des angesprochenen Publikums diese Werbeaussage
in einer den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Weise verstehen werden.
2. Die Aussage: "ggg DSL-Tarife - 6 Monate kostenlos nutzen" ist vom Wortlaut und Sinngehalt eindeutig. Sie besagt, man könne die "ggg DSL - Tarife" für
6 Monate kostenlos nutzen, d.h. man erwartet bei dem Angebot eine kostenlose Nutzungsmöglichkeit für 6 Monate. Insbesondere, wenn das Angebot gerade den
Vertragsabschluss über einen DSL-Internetzugang betrifft, wird der Verkehr naheliegend annehmen, in diesen 6 Monaten könne er kostenlos den
Internetzugang nutzen.
3. Eine insoweit relevant unrichtige Werbeaussage ist irreführend (§ 5 UWG) und beeinträchtigt nicht nur unerheblich den Wettbewerb (§ 3 UWG).
4. Wird auf einer Seite eines Internetangebots ein Sternchenvermerk (hier: "6 Monate kostenlos nutzen* !") nicht unmittelbar, sondern erst auf einer
Unterseite erläutert, ist dies irreführend.
5. Bei einer Werbung mit einem besonders günstigen Angebot für einen T-DSL Anschlussvertrag, zu dem auch subventionierte Hardwareprodukte gehören, geht
der Verkehr nicht selbstverständlich auch davon aus, man müsse noch Versandkosten bezahlen. Bei einer solchen vermeintlichen "Großzügigkeit" liegt die
Vorstellung, der Werbende wolle gleichwohl noch Versandkosten haben, fern. Deswegen ist eine Irreführung gegeben. Dies gilt umso mehr, wenn es auf
den betreffenden Seiten keinen "sprechenden" Link zu den Versandkostenangaben gibt.
6. Aus § 5 Abs. 2 UWG läßt sich nicht herleiten, eine Aufklärung des Verkehrs (hier über die Versandkosten und Sternchenvermerke) könnte irgendwo auf
einer Internet-Unterseite erfolgen. Insoweit sind nicht alle Unterseiten eines Internetangebots zusammen zu berücksichtigen. Vielmehr muss der Interessent
diese Angaben in seine Entschließungen mit einbeziehen können, d.h. derartige Angaben sind an der Stelle anzubringen und deutlich zu machen, an der dem
Verbraucher das Angebot unterbreitet wird. Erforderlich ist insoweit ein konkreter Bezug zwischen dem Angebot und den entsprechenden erläuternden
Hinweisen.
MIR 2006, Dok. 076
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 01.06.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/291
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 31.08.2020 - 6 W 85/20, MIR 2020, Dok. 085
Mietwagendienst "UBER Black" in Deutschland wettbewerbswidrig
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 056
Versandkosten Wucher!! - eBay-AGB enthalten keine vertraglichen Beschränkungen für die Zulässigkeit von Werturteilen in Bewertungskommentaren, die über die deliktsrechtlichen Grenzen hinausgehen
BGH, Urteil vom 28.09.2022 - VIII ZR 319/20, MIR 2022, Dok. 085
Verlässlichkeit von haveibeenpwned.com zu vernachlässigen - Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Betroffenheit im Zusammenhang mit einem sogenannten Scraping-Vorfall bei Twitter
OLG Schleswig, Hinweisbeschluss vom 16.10.2024 - 5 U 56/24, MIR 2025, Dok. 002
Rechtsmittelschrift via beA an unzuständiges Gericht - Zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei Übertragung der Anfertigung eines Berufungseinlegungsschriftsatzes an Büropersonal
BGH, Beschluss vom 26.01.2023 - I ZB 42/22, MIR 2023, Dok. 040