Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 10.11.2016 - I ZR 29/15
Hörgeräteausstellung - Präsentation von Waren ohne Preisauszeichnung (hier Ausstellung von Hörgeräten in einem Schaufenster) zulässig
PAngV § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 4 Abs. 1; UWG § 5a Abs. 2; Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der ihnen angebotenen Erzeugnisse; Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken Art. 3 Abs. 4, Art. 7 Abs. 1
Leitsätze:*1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV hat derjenige, der Verbrauchern gemäß § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).
2.
a) Die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV hat ihre (alleinige) unionsrechtliche Grundlage in der Richtlinie 98/6/EG.
b) Eine Werbung, in der kein Preis für das beworbene Produkt angegeben ist, kann nicht als Angebot im Sinne der Richtlinie 98/6/EG und - entsprechend - im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV angesehen werden.
c) Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 PAngV erfasst nicht die reine Werbung im Schaufenster durch Präsentation der Ware ohne Preisangabe.
d) Die der Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG dienende Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG ist hinsichtlich des in der Richtlinie 98/6/EG geregelten Aspekts eines in einer Werbung angegebenen oder anzugebenden Verkaufspreises einer Ware nicht anwendbar.
3. Der Tatbestand des § 4 Abs. 1 PAngV setzt ein bereits vorliegendes Angebot im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV voraus. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 PAngV regelt danach allein die Art und Weise, in der die Preisangabe bei sichtbar ausgestellten oder vom Verbraucher unmittelbar zu entnehmenden Waren zu erfolgen hat. Die Bestimmung erfasst nicht die reine Werbung im Schaufenster durch Präsentation der Ware ohne Preisangabe und geht deshalb nicht über das Schutzniveau der Richtlinie 98/6/EG hinaus.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.01.2017
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2800
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Köln, Urteil vom 13.12.2024 - 6 U 45/24, MIR 2025, Dok. 012
Museumsfotografie - Veröffentlichung von Fotografien gemeinfreier Kunstwerke kann (urheber-) rechtswidrig sein
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 057
Pauschalvergütung im auffälligen Missverhältnis? - Erneute Entscheidung zur Nachvergütung des Chefkameramanns des Films "Das Boot"
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 027
EuGH muss klären in welcher Währung Flugpreise im Internet anzugeben sind
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 018
jameda - Ärztebewertungsportal gesellschaftlich erwünscht solange es als neutraler Informationsmittler auftritt
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2020, Dok. 039