Kurz notiert // Verlagsrecht
Bundesgerichtshof
Verstoß gegen Buchpreisbindung durch Amazon-Gutscheinaktion beim Buchankauf
BGH, Urteil vom 23.07.2015 - I ZR 83/14 - Gutscheinaktion beim Buchankauf; Vorinstanz: LG Wiesbaden, Urteil vom 16.08.2013 - 13 O 18/13; OLG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2014 - 11 U 93/13
MIR 2015, Dok. 060, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 23.07.2015 (I ZR 83/14 - Gutscheinaktion beim Buchankauf) entschieden, dass beim Erwerb preisgebundener Bücher Gutscheine nur verrechnet werden dürfen, wenn dem Buchhändler für diese Gutscheine bereits eine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist. Eine frühere Gutscheinaktion des Onlinehändlers Amazon im Rahmen seines "Trade-in-Programm" zum Ankauf gebrauchter Bücher stelle ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung dar, so das Gericht.
Zur Sache
Geklagt hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. Über ein sogenanntes "Trade-in-Programm" können Amazon-Kunden gebrauchte Bücher verkaufen. Bei einer um die Jahreswende 2011/2012 durchgeführten Werbeaktion erhielten Kunden, die mindestens zwei Bücher gleichzeitig zum Ankauf eingereicht hatten, zusätzlich zum Ankaufspreis einen Gutschein über EUR 5,00 auf ihrem Kundenkonto gutgeschrieben. Dieser Gutschein konnte zum Erwerb beliebiger Produkte bei der Beklagten eingesetzt werden. Dazu zählte auch der Kauf neuer Bücher.
Der Kläger sieht in der Anrechnung der Gutscheine auf den Kauf preisgebundener Bücher einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Unterlassungsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben, weil die Beklagte gegen §§ 3, 5 BuchPrG verstoßen habe.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Gutscheinaktion im Rahmen des "Trade-in-Programm" stellt Verstoß gegen die Buchpreisbindung dar
Die Revision von Amazon hatte keinen Erfolg. Mit der beanstandeten Werbeaktion habe Amazon § 3 BuchPrG verletzt, weil Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden konnten, an Letztverbraucher ausgegeben wurden, ohne dass Amazon dafür eine entsprechende Gegenleistung der Kunden zugeflossen ist.
Zweck der Buchpreisbindung konterkariert
Der Zweck der Buchpreisbindung bestehe darin, durch Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztabnehmer ein umfangreiches, der breiten Öffentlichkeit zugängliches Buchangebot in einer großen Zahl von Verkaufsstellen zu sichern (§ 1 BuchPrG). Preisbindungsrechtlich zulässig seien insoweit Geschenkgutscheine, die Buchhandlungen verkaufen, und mit denen die Beschenkten Bücher erwerben können. In diesem Fall erhalte der Buchhändler durch den Gutscheinverkauf und eine eventuelle Zuzahlung des Beschenkten insgesamt den gebundenen Verkaufspreis für das Buch. Ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung liege aber vor, wenn ein Händler beim An- oder Verkauf von Waren für den Kunden kostenlose Gutscheine ausgibt, die zum Erwerb preisgebundener Bücher benutzt werden können. Der Buchhändler erhalte dann im Ergebnis für das Buch ein geringeres Entgelt als den gebundenen Preis. Unerheblich sei insofern, dass Gutscheinausgabe und Buchverkauf zwei selbständige Rechtsgeschäfte darstellen und ein Bezug zwischen ihnen erst durch die Kaufentscheidung des Kunden hergestellt werde, so der BGH.
Im Ergebnis Vermögensmehrung in Höhe des gebundenen Buchpreises erforderlich
Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Preisbindung sei danach, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird. Daran fehle es im Streitfall. Amazon werde zwar durch den Kauf eines preisgebundenen Buches unter Anrechnung des Gutscheins von der Verpflichtung befreit, die gegenüber dem Kunden mit dem Gutschein beim Ankauf eines Buchs übernommen wurde. Amazon erhalte aber für den Verkauf des preisgebundenen Buches insgesamt nicht den - vollen - gebundenen Preis, wenn für den Gutschein keine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist.
(tg) - Quelle: PM Nr. 125/2015 des BGH vom 23.07.2015
Zur Sache
Geklagt hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. Über ein sogenanntes "Trade-in-Programm" können Amazon-Kunden gebrauchte Bücher verkaufen. Bei einer um die Jahreswende 2011/2012 durchgeführten Werbeaktion erhielten Kunden, die mindestens zwei Bücher gleichzeitig zum Ankauf eingereicht hatten, zusätzlich zum Ankaufspreis einen Gutschein über EUR 5,00 auf ihrem Kundenkonto gutgeschrieben. Dieser Gutschein konnte zum Erwerb beliebiger Produkte bei der Beklagten eingesetzt werden. Dazu zählte auch der Kauf neuer Bücher.
Der Kläger sieht in der Anrechnung der Gutscheine auf den Kauf preisgebundener Bücher einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Unterlassungsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben, weil die Beklagte gegen §§ 3, 5 BuchPrG verstoßen habe.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Gutscheinaktion im Rahmen des "Trade-in-Programm" stellt Verstoß gegen die Buchpreisbindung dar
Die Revision von Amazon hatte keinen Erfolg. Mit der beanstandeten Werbeaktion habe Amazon § 3 BuchPrG verletzt, weil Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden konnten, an Letztverbraucher ausgegeben wurden, ohne dass Amazon dafür eine entsprechende Gegenleistung der Kunden zugeflossen ist.
Zweck der Buchpreisbindung konterkariert
Der Zweck der Buchpreisbindung bestehe darin, durch Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztabnehmer ein umfangreiches, der breiten Öffentlichkeit zugängliches Buchangebot in einer großen Zahl von Verkaufsstellen zu sichern (§ 1 BuchPrG). Preisbindungsrechtlich zulässig seien insoweit Geschenkgutscheine, die Buchhandlungen verkaufen, und mit denen die Beschenkten Bücher erwerben können. In diesem Fall erhalte der Buchhändler durch den Gutscheinverkauf und eine eventuelle Zuzahlung des Beschenkten insgesamt den gebundenen Verkaufspreis für das Buch. Ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung liege aber vor, wenn ein Händler beim An- oder Verkauf von Waren für den Kunden kostenlose Gutscheine ausgibt, die zum Erwerb preisgebundener Bücher benutzt werden können. Der Buchhändler erhalte dann im Ergebnis für das Buch ein geringeres Entgelt als den gebundenen Preis. Unerheblich sei insofern, dass Gutscheinausgabe und Buchverkauf zwei selbständige Rechtsgeschäfte darstellen und ein Bezug zwischen ihnen erst durch die Kaufentscheidung des Kunden hergestellt werde, so der BGH.
Im Ergebnis Vermögensmehrung in Höhe des gebundenen Buchpreises erforderlich
Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Preisbindung sei danach, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird. Daran fehle es im Streitfall. Amazon werde zwar durch den Kauf eines preisgebundenen Buches unter Anrechnung des Gutscheins von der Verpflichtung befreit, die gegenüber dem Kunden mit dem Gutschein beim Ankauf eines Buchs übernommen wurde. Amazon erhalte aber für den Verkauf des preisgebundenen Buches insgesamt nicht den - vollen - gebundenen Preis, wenn für den Gutschein keine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist.
(tg) - Quelle: PM Nr. 125/2015 des BGH vom 23.07.2015
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.07.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2727
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