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Kurz notiert // Markenrecht



Bundesgerichtshof

Keine Löschung der Farbmarke "Nivea-Blau" wegen Verkehrsdurchsetzung?

BGH, Beschluss vom 9.07.2015 - I ZB 65/13 - Nivea-Blau; Vorinstanz: BPatG, Beschluss vom 19.03.2013 - 24 W (pat) 75/10

MIR 2015, Dok. 056, Rz. 1


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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 09.07.2015 (I ZB 65/13 - Nivea-Blau) die Löschung der Farbmarke "Blau (Pantone 280 C)" von Beiersdorf im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts entschieden. Zwar lägen die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG vor. Es sei aber nach den bisherigen Feststellungen des BPatG (noch) möglich, dass die Farbmarke nach § 8 Abs. 3 MarkenG wegen Verkehrdurchsetzung nicht gelöscht werden dürfe.

Zur Sache

Die Marke ist aufgrund Verkehrsdurchsetzung für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Haut- und Körperpflegeprodukte" eingetragen. Das Bundespatentgericht hat auf Antrag eines Mitbewerbers der Markeninhaberin die Löschung der Marke angeordnet.

Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof den Beschluss des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Absolute Schutzhindernisse. Aber: Verkehrsdurchsetzung?

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG vorliegen. Abstrakte Farbmarken seien im Allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil der angesprochene Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnimmt. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen, lägen nicht vor. Ferner sei die Farbmarke nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil sie im betroffenen Warensegment als Hinweis auf Produkte für die Nachtpflege oder als Hinweis auf eine bestimmte Zielgruppe, und zwar auf Haut- und Körperpflegeprodukte für Männer, verwendet werde und deshalb freihaltebedürftig sei.

Sehen mehr als 50% des Publikums das "Nivea-Blau" als Produktkennzeichen?

Aufgrund der vom Bundespatentgericht bislang getroffenen Feststellungen sei allerdings nicht ausgeschlossen, dass sich die Farbmarke für die in Rede stehenden Waren im Verkehr im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat und deshalb nicht gelöscht werden darf. Ausreichend für eine Verkehrsdurchsetzung sei auch bei einer abstrakten Farbmarke, dass mehr als 50% des Publikums in der Farbe ein Produktkennzeichen sehen. Dagegen hatte das Bundespatentgericht wesentlich höhere Anforderungen an den Erwerb von Unterscheidungskraft durch Verkehrsdurchsetzung bei einer konturlosen Farbmarke gestellt und angenommen, mindestens 75% des allgemeinen Publikums müssten in der Farbe Blau im Warenbereich der Haut- und Körperpflegeprodukte einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erkennen. Diesen Maßstab hat der Bundesgerichtshof als zu streng beanstandet.

Einholung eines - differenzierten - Meinungsforschungsgutachtens durch das BPatG erforderlich

Das Bundespatentgericht wird nunmehr ein Meinungsforschungsgutachten zum Vorliegen der Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung einholen müssen. Allein auf das von der Markeninhaberin bereits vorgelegte Verkehrsgutachten könne die abschließende Entscheidung nicht gestützt werden. Diese demoskopische Untersuchung stelle allgemein auf "Mittel der Haut- und Körperpflege" ab, ohne eine weitere Differenzierung nach einzelnen Warengruppen innerhalb des großen, ganz unterschiedliche Erzeugnisse umfassenden Produktbereichs vorzunehmen. Eine solche Differenzierung nach bestimmten Produktsegmenten innerhalb des Warenbereichs der "Mittel der Haut- und Körperpflege" sei aber erforderlich, so der Bundesgerichtshof.

Vorgelegtes Meinungsvorschungsgutachten nicht verlässlich

Zudem seien die Ergebnisse des von der Markeninhaberin vorgelegten Meinungsforschungsgutachtens nicht hinreichend verlässlich. Den Testpersonen hätte bei der Befragung eine Farbkarte ausschließlich mit dem blauen Farbton vorgelegt werden müssen. Stattdessen sei den Testpersonen eine blaue Farbkarte mit weißer Umrandung gezeigt worden. Dies könne die Ergebnisse des von der Markeninhaberin vorgelegten Meinungsforschungsgutachtens zu ihren Gunsten beeinflusst haben, weil die Produktgestaltung der Markeninhaberin vielfach - etwa bei der bekannten Nivea-Creme in der blauen Dose mit weißer Aufschrift - eine Kombination der Farben Blau und Weiß aufweist.

(tg) - PM des BGH Nr. 112/2015 vom 09.07.2015

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 09.07.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2723
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