Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 12.03.2015 - I ZR 188/13
Uhrenankauf im Internet - Es stellt eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern dar, wenn der Markeninhaber nach Einlegung einer Markenbeschwerde bei Google die Zustimmung zu einer nicht markenverletzenden Adwords-Werbung nicht erteilt
UWG § 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1; Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1
Leitsätze:*1. Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22.01.2014 - I ZR 164/12 - wetteronline.de; BGH, Urteil vom 30.04.2014 - I ZR 224/12 - Flugvermittlung im Internet).
2.
a) Die Einlegung einer sogenannten allgemeinen Markenbeschwerde beim Betreiber einer Internetsuchmaschine ist nicht deshalb eine unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG, weil Mitbewerber, die eine nicht markenverletzende Adwords-Werbung beabsichtigen, die vorherige Zustimmung des Markeninhabers einholen müssen.
b) Es stellt eine gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG dar, wenn der Markeninhaber nach Einlegung einer Markenbeschwerde bei Google, durch die die Verwendung der Marke in Adwords-Anzeigen unterbunden wird, die Zustimmung zu der Adwords-Werbung eines Mitbewerbers nicht erteilt, obwohl die beabsichtigte Werbung das Markenrecht nicht verletzt.
c) Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV kann vorliegen, wenn sich Marke und Zeichen nur in ihrer Groß- oder Kleinschreibung unterscheiden.
d) Als geeignete Maßnahme zur Beseitigung der Störung kann der Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG die ausdrückliche Aufhebung eines rechtswidrigen Verbots umfassen.
3. Der Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG kann alle geeigneten Maßnahmen umfassen, die zur Beseitigung der fortwirkenden Störung geeignet und erforderlich sind.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 21.04.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2706
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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