Kurz notiert // Zivilrecht
Bundesgerichtshof
Schnäpchenjagd bei eBay nicht sittenwidrig - Grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Warenwert führt nicht ohne Weiteres zur Nichtigkeit des Kaufvertrags
BGH, Urteil vom 12.11.2014 - VIII ZR 42/14; Vorinstanzen: LG Mühlhausen, 09.04.2013 - 3 O 527/12; OLG Jena, 15.01.2014 - 7 U 399/13
MIR 2014, Dok. 117, Rz. 1
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Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom 12.11.2014 (VIII ZR 42/14) mit der Frage der Wirksamkeit eines im Wege einer eBay-Internetauktion abgeschlossenen Kaufvertrags befasst, bei dem ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Kaufsache besteht. Ein solches grobes Missverhältnis allein lasse nicht den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters zu und führe damit nicht ohne Weiteres zur Nichtigkeit des Kaufvertrags wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB, so das Gericht.
Zur Sache
Der Beklagte bot seinen Gebrauchtwagen bei eBay zum Kauf an und setzte ein Mindestgebot von EUR 1,00 fest. Der Kläger bot kurz nach dem Beginn der eBay-Auktion EUR 1,00 für den Pkw und setzte dabei eine Preisobergrenze von EUR 555,55. Einige Stunden später brach der Beklagte die eBay-Auktion ab. Per E-Mail teilte er dem Kläger, der mit seinem Anfangsgebot Höchstbietender war, mit, er habe außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden, der bereit sei, EUR 4.200,00 zu zahlen. Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung des nach seiner Ansicht wirksam zu einem Kaufpreis von EUR 1,00 geschlossenen Kaufvertrags und macht geltend, der Pkw habe einen Wert von EUR 5.250,00. Das Landgericht hat der auf Schadensersatz in Höhe von EUR 5.249,00 gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshof: Grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Wert der Kaufsache führt nicht ohne Weiteres zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit des Kaufvertrags
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Kaufvertag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig, so der Bundesgerichtshof (VIII. Zivilsenat). Bei einer Internetauktion rechtfertige ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB.
"Schnäpchenpreis" gerade Reiz einer Internetauktion
Es mache gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnehme, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen. Besondere Umstände, aus denen auf eine verwerfliche Gesinnung des Klägers geschlossen werden könnte, habe das Berufungsgericht im entschiedenen Fall nicht festgestellt.
EUR 1,00-Auktion Risiko des Verkäufers
Auch sei die Wertung des Berufungsgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, der Beklagte könne dem Kläger nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen halten. Dass das Fahrzeug letztlich zu einem Preis von EUR 1,00 verkauft worden ist, beruhe auf den freien Entscheidungen des Beklagten, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen sei. Durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion habe der Beklagte selbst die Ursache dafür gesetzt habe, dass sich das Risiko auch verwirklicht hat.
(tg) - Quelle: PM Nr. 164/2014 des BGH vom 12.11.2014
Zur Sache
Der Beklagte bot seinen Gebrauchtwagen bei eBay zum Kauf an und setzte ein Mindestgebot von EUR 1,00 fest. Der Kläger bot kurz nach dem Beginn der eBay-Auktion EUR 1,00 für den Pkw und setzte dabei eine Preisobergrenze von EUR 555,55. Einige Stunden später brach der Beklagte die eBay-Auktion ab. Per E-Mail teilte er dem Kläger, der mit seinem Anfangsgebot Höchstbietender war, mit, er habe außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden, der bereit sei, EUR 4.200,00 zu zahlen. Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung des nach seiner Ansicht wirksam zu einem Kaufpreis von EUR 1,00 geschlossenen Kaufvertrags und macht geltend, der Pkw habe einen Wert von EUR 5.250,00. Das Landgericht hat der auf Schadensersatz in Höhe von EUR 5.249,00 gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshof: Grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Wert der Kaufsache führt nicht ohne Weiteres zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit des Kaufvertrags
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Kaufvertag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig, so der Bundesgerichtshof (VIII. Zivilsenat). Bei einer Internetauktion rechtfertige ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB.
"Schnäpchenpreis" gerade Reiz einer Internetauktion
Es mache gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnehme, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen. Besondere Umstände, aus denen auf eine verwerfliche Gesinnung des Klägers geschlossen werden könnte, habe das Berufungsgericht im entschiedenen Fall nicht festgestellt.
EUR 1,00-Auktion Risiko des Verkäufers
Auch sei die Wertung des Berufungsgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, der Beklagte könne dem Kläger nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen halten. Dass das Fahrzeug letztlich zu einem Preis von EUR 1,00 verkauft worden ist, beruhe auf den freien Entscheidungen des Beklagten, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen sei. Durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion habe der Beklagte selbst die Ursache dafür gesetzt habe, dass sich das Risiko auch verwirklicht hat.
(tg) - Quelle: PM Nr. 164/2014 des BGH vom 12.11.2014
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 12.11.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2652
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