Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG Köln, Urteil vom 17.01.2014 - 6 U 167/13
Anlegerrundschreiben - § 28 Abs. 3 BDSG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar.
UWG § 4 Nr. 11; BDSG § 28 Abs. 3; BRAO § 43b
Leitsätze:*1. § 28 Abs. 3 BDSG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar. Die Regelungen des BDSG bezwecken zwar in erster Linie den Schutz des Persönlichkeitsrechts, nämlich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen vor Zugriffen Dritter und stellen nicht schon aus diesem Grund Marktverhaltensregelungen zum Schutze der Verbraucher dar. Soweit sich jedoch ein Marktteilnehmer auf einen Erlaubnistatbestand beruft, um diese Erlaubnis dazu zu nutzen, Werbung für sich zu machen, bezwecken die Grenzen, die das BDSG einem solchen Marktverhalten setzt, den Schutz des Betroffenen in seiner Stellung als Marktteilnehmer. Dieser Schutz ist zwar Ausfluss des allgemeinen Schutzes eines Rechts des Verbrauchers, nämlich seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Auch eine dem Schutz von Rechten oder Rechtsgütern dienende Vorschrift ist aber dann eine Marktverhaltensvorschrift, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme berührt wird. § 28 Abs. 3 BDSG ist daher als Marktverhaltensregelung zu qualifizieren (OLG Köln, Urteil vom 14.08.2009 - 6 U 70/09; OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.05.2012 - 6 U 38/11; a.A.: OLG München, Urteil vom 12.01.2012 - 29 U 3926/11 , 396 – Personenbezogene Daten).
2. §§ 4 Abs. 1, 28 Abs. 3 BDSG regeln die Nutzung personenbezogener Daten für Werbezwecke und dienen damit jedenfalls auch dem Schutz von Rechtsgütern der Kunden im Zusammenhang mit ihrer Marktteilnahme. Die genannten Vorschriften haben auch eine unionsrechtliche Grundlage in Gestalt der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie), die von der UGP-Richtlinie nicht berührt wird, so dass diese einem auf §§ 4 Abs. 1, 28 Abs. 3 BDSG gestützten Verbot nicht entgegensteht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.05.2012 - 6 U 38/11).
3. Der Begriff der Werbung in § 28 Abs. 3 BDSG ist weit und umfassend zu verstehen; auch eine indirekte und unbewusste Ansprache ist darunter zu fassen.
4. Eine Werbeverbot nach § 43b BRAO kommt nur in Betracht, wenn sich ein Verbotsgrund im Einzelfall aus der Form, aus dem Inhalt oder aus dem verwendeten Mittel der Werbung ergibt. Allein der Umstand, dass ein potenzieller Mandant in Kenntnis von dessen konkreten Beratungsbedarf angesprochen wird, genügt nicht, um die Unzulässigkeit der Werbung zu begründen. Es ist eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen, bei der neben der Beeinträchtigung der Unabhängigkeit, der Würde oder der Integrität der Rechtsanwaltschaft auch Art und Grad der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers durch Form, Inhalt oder das verwendete Mittel der Werbung zu berücksichtigen sind. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob sich der Verbraucher in einer Situation befindet, in der er auf Rechtsrat angewiesen ist und ihm eine an seinem Bedarf ausgerichtete sachliche Werbung nutzen bringen kann (vgl. weiterhin auch: BGH, Urteil vom 13.11.2013 - I ZR 15/12 - Kommanditistenbrief).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 20.05.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2601
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