Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
OLG Schleswig
"Stoppt Durchfall" - Irreführende Werbung für ein Medikament gegen Durchfall
Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 30.01.2014 - 6 U 15/13
MIR 2014, Dok. 038, Rz. 1
1
Die Werbung für ein Medikament gegen Durchfall mit der Anpreisung "L. stoppt Durchfall" ist unzulässig, wenn das Medikament den Durchfall nicht binnen weniger Stunden beendet, so das OLG Schleswig mit Urteil vom 30.01.2014 (6 U 15/13). Dann erfülle eine solche Werbung nicht die durch die Aussage hervorgerufene Verbrauchererwartung, der Durchfall werde tatsächlich rasch "beendet" und nicht lediglich gelindert.
Zur Sache
Die Beklagte vertreibt in Deutschland unter anderem das Präparat L. mit dem einem Wirkstoff aus gefriergetrockneten Milchsäurebakterien. Sie warb für das Medikament unter anderem mit den Angaben "L. stoppt Durchfall". In der Werbung wurde Bezug auf eine wissenschaftliche Studie genommen, aus der hervorgeht, dass die Durchfalldauer sich bei einer Behandlung mit L. - im Vergleich zu einer mit Placebos behandelten Gruppe - im Mittel um 1,3 Tage auf knapp zwei Tage verringerte.
Der Kläger - ein Wettbewerbsverband - mahnte die Beklagte wegen irreführender Werbung erfolglos ab. Es sei nicht erwiesen, dass das Medikament den Durchfall stoppe, also der Erfolg schnell, sofort und eindeutig auftrete. Aus Sicht der Beklagten begründet der Werbeslogan demgegenüber bei dem Adressaten nur die Erwartung, dass der Durchfall binnen weniger Stunden "spürbar gelindert" sei. Daraufhin klagte der Verein auf Unterlassung der Werbung.
Entscheidung des Gerichts: Irreführende Werbung - enttäuschte Erwartung an Wirkung
Das OLG Schleswig entschied, dass die Werbeaussage "L. stoppt Durchfall" irreführend sei und damit eine unzulässige geschäftliche Handlung darstelle. Der Slogan begründe beim Adressaten die - unstreitig enttäuschte - Erwartung, der Durchfall sei binnen weniger Stunden (jedenfalls nicht erst nach 2 Tagen) insoweit vollständig beendet, dass bereits dann jegliche Symptome verschwunden seien. Sei Durchfall binnen weniger Stunden aber nicht vollständig beendet, sondern nur spürbar gelindert ist, werde diese Erwartung nicht erfüllt.
"Stoppen" bezeichnet nicht lediglich den Beginn eines Vorgangs
Das Gericht folgte nicht der Argumentation der Beklagten, dass der Begriff "Stoppen" lediglich den Beginn eines Vorgangs bezeichnet. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch "stoppt" beispielsweise ein Auto nicht schon dann an einer Ampel, wenn es immer langsamer wird, während es an der Ampel vorbeifährt, sondern nur dann, wenn es schon an der Ampel wirklich stehen bleibt, so das Gericht.
Auch wenn die Beklagte zwischenzeitlich in ihrer Internetwerbung den Slogan "L. stoppt Durchfall" durch den Slogan "L. bekämpft Durchfall" ersetzt hat, entfalle hierdurch auch nicht die Wiederholungsgefahr. Im Printbereich werbe die Beklahte zudem noch mit den ursprünglichen Slogans.
(tg) - Quelle: PM Nr. 6/2014 des OLG Schleswig vom 20.03.2014
Zur Sache
Die Beklagte vertreibt in Deutschland unter anderem das Präparat L. mit dem einem Wirkstoff aus gefriergetrockneten Milchsäurebakterien. Sie warb für das Medikament unter anderem mit den Angaben "L. stoppt Durchfall". In der Werbung wurde Bezug auf eine wissenschaftliche Studie genommen, aus der hervorgeht, dass die Durchfalldauer sich bei einer Behandlung mit L. - im Vergleich zu einer mit Placebos behandelten Gruppe - im Mittel um 1,3 Tage auf knapp zwei Tage verringerte.
Der Kläger - ein Wettbewerbsverband - mahnte die Beklagte wegen irreführender Werbung erfolglos ab. Es sei nicht erwiesen, dass das Medikament den Durchfall stoppe, also der Erfolg schnell, sofort und eindeutig auftrete. Aus Sicht der Beklagten begründet der Werbeslogan demgegenüber bei dem Adressaten nur die Erwartung, dass der Durchfall binnen weniger Stunden "spürbar gelindert" sei. Daraufhin klagte der Verein auf Unterlassung der Werbung.
Entscheidung des Gerichts: Irreführende Werbung - enttäuschte Erwartung an Wirkung
Das OLG Schleswig entschied, dass die Werbeaussage "L. stoppt Durchfall" irreführend sei und damit eine unzulässige geschäftliche Handlung darstelle. Der Slogan begründe beim Adressaten die - unstreitig enttäuschte - Erwartung, der Durchfall sei binnen weniger Stunden (jedenfalls nicht erst nach 2 Tagen) insoweit vollständig beendet, dass bereits dann jegliche Symptome verschwunden seien. Sei Durchfall binnen weniger Stunden aber nicht vollständig beendet, sondern nur spürbar gelindert ist, werde diese Erwartung nicht erfüllt.
"Stoppen" bezeichnet nicht lediglich den Beginn eines Vorgangs
Das Gericht folgte nicht der Argumentation der Beklagten, dass der Begriff "Stoppen" lediglich den Beginn eines Vorgangs bezeichnet. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch "stoppt" beispielsweise ein Auto nicht schon dann an einer Ampel, wenn es immer langsamer wird, während es an der Ampel vorbeifährt, sondern nur dann, wenn es schon an der Ampel wirklich stehen bleibt, so das Gericht.
Auch wenn die Beklagte zwischenzeitlich in ihrer Internetwerbung den Slogan "L. stoppt Durchfall" durch den Slogan "L. bekämpft Durchfall" ersetzt hat, entfalle hierdurch auch nicht die Wiederholungsgefahr. Im Printbereich werbe die Beklahte zudem noch mit den ursprünglichen Slogans.
(tg) - Quelle: PM Nr. 6/2014 des OLG Schleswig vom 20.03.2014
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 21.03.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2571
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Online seit: 21.03.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2571
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Anti-Kater-Tabletten - Werbung für Lebensmittel (hier Mineralstoffe) mit dem Zusatz 'Anti-Kater' untersagt
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2024, Dok. 094
Pflichtverletzung durch Beteiligung an Preiskartell - Frage zur Geschäftsführerhaftung für Kartellbußgelder dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2025, Dok. 013
Keine Haftung eines DNS-Resolver-Dienstes für Urheberrechtsverletzungen
OLG Dresden, Urteil vom 05.12.2023 - 14 U 503/23, MIR 2024, Dok. 009
Saints Row - Der Internet-Anschlussinhaber ist nicht dazu verpflichtet, den Rechtsinhaber vorgerichtlich über den ihm bekannten Täter einer Urheberrechtsverletzung aufzuklären
BGH, Urteil vom 17.12.2020 - I ZR 228/19, MIR 2021, Dok. 020
Kinderzahnarztpraxis - Zum Verkehrsverständnis und dessen Beurteilung aus der eigenen Sachkunde und Lebenserfahrung des Gerichts im Bereich der Kinderzahnheilkunde
BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 217/20, MIR 2022, Dok. 035
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2024, Dok. 094
Pflichtverletzung durch Beteiligung an Preiskartell - Frage zur Geschäftsführerhaftung für Kartellbußgelder dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2025, Dok. 013
Keine Haftung eines DNS-Resolver-Dienstes für Urheberrechtsverletzungen
OLG Dresden, Urteil vom 05.12.2023 - 14 U 503/23, MIR 2024, Dok. 009
Saints Row - Der Internet-Anschlussinhaber ist nicht dazu verpflichtet, den Rechtsinhaber vorgerichtlich über den ihm bekannten Täter einer Urheberrechtsverletzung aufzuklären
BGH, Urteil vom 17.12.2020 - I ZR 228/19, MIR 2021, Dok. 020
Kinderzahnarztpraxis - Zum Verkehrsverständnis und dessen Beurteilung aus der eigenen Sachkunde und Lebenserfahrung des Gerichts im Bereich der Kinderzahnheilkunde
BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 217/20, MIR 2022, Dok. 035