Rechtsprechung // Zivilrecht
BGH, Versäumnisurteil vom 06.11.2013 - VIII ZR 353/12
Online-Möbelversand mit Montageoption - Unwirksamkeit einer Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Online-Shops eines Möbelhauses, das auf Wunsch des Kunden auch den Aufbau der gekauften Möbel beim Kunden anbietet.
BGB §§ 269, 307 Abs. 1 und 2, § 309 Nr. 7 Buchst. b
Leitsätze:*1. Der Umstand, dass es im Versandhandel typischerweise Aufgabe des Verkäufers ist, die Versendung der Kaufsache - auf eigene oder fremde Kosten - zu veranlassen, begründet für sich allein nicht die Annahme, der Empfangsort solle auch Leistungsort (Erfüllungsort) für die Lieferpflicht des Verkäufers sein (Argument § 269 Abs. 3 BGB; BGH, Urteil vom 16.07.2003 - VIII ZR 302/02, unter II 3 b). Aus § 447 BGB ergibt sich nichts anderes. Da der nach § 269 BGB zu bestimmende Leistungsort von § 447 Abs. 1 BGB nicht berührt wird, hat auch die Regelung des § 474 Abs. 2 BGB, nach der die Anwendung des § 447 Abs. 1 BGB auf den Verbrauchsgüterkauf - zwingend (§ 475 Abs. 1 BGB) - ausgeschlossen ist, keine Auswirkungen auf den Leistungsort (BGH, Urteil vom 16.07.2003 - VIII ZR 302/02, unter II 3 d).
2. Die Vermutung, dass im Zweifel auch im Versandhandel der Sitz des Verkäufers Erfüllungsort für die Verkäuferpflichten ist, greift aber nur ein, wenn ein (anderer) Ort für die Leistung weder von den Beteiligten bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist (§ 269 Abs. 1 BGB; BGH, Urteil vom 16.07.2003 - VIII ZR 302/02).
3. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom vom 12.12.2012 - VIII ZR 14/12, mwN).
4. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Online-Shops eines Möbelhauses, das auf Wunsch des Kunden auch den Aufbau der gekauften Möbel beim Kunden anbietet, hält die Regelung
"§ 4 Versand; Gefahrübergang; Versicherung
(1) Wir schulden nur die rechtzeitige, ordnungsgemäße Ablieferung der Ware an das Transportunternehmen und sind für vom Transportunternehmen verursachte Verzögerungen nicht verantwortlich."
der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2, § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB nicht stand.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 07.02.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2553
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2023 - I-16 U 127/22, MIR 2023, Dok. 068
Versicherungsberatung mit Erfolgshonorar - Registrierten Versicherungsberatern ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars (hier ersparte hälftige jährliche Prämiendifferenz) für ihre Tätigkeit verboten und eine Werbung damit wettbewerbswidrig
BGH, Versäumnisurteil vom 02.10.2019 - I ZR 19/19, MIR 2020, Dok. 002
Allgemeinwissen Urheberrecht?! - Eine Existenzgründerin muss die Urheberrechtslage vor der Auftragserteilung für Kissenbezüge mit Bildern einer Boyband selbst klären
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 06.06.2023 - 4 W 13/23, MIR 2023, Dok. 052
Bitte keine Werbung! - Kein Unterlassungsanspruch beim Einwurf nicht personalisierter Werbepost, wenn kein Hinweisschild am Briefkasten angebracht ist
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 20.12.2019 - 24 U 57/19, MIR 2020, Dok. 023
Auf die Gestaltung kommt es an - Zur markenrechtlichen Beurteilung von Google-Anzeigen mit Markennennung, die auch auf Produkte von Drittanbietern verweisen
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 024