Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
EuGH, Urteil vom 03.10.2013 - C-59/12
BKK Mobil Oil / Wettbewerbszentrale - Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe betraut ist (hier: gesetzliche Krankenkasse), fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/EG.
Richtlinie 2005/29/EG Art. 2 Buchst. a und b, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6
Leitsätze:*1. Aus dem Wortlaut von Art. 2 Buchst. b. der Richtlinie 2005/29/EG ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber den Begriff "Gewerbetreibender" besonders weit konzipiert hat als "jede natürliche oder juristische Person", die eine entgeltliche Tätigkeit ausübt. Dabei nimmt der Unionsgesetzgeber davon weder Einrichtungen, die eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe erfüllen, noch öffentlich-rechtliche Einrichtungen aus. Der Sinn und die Bedeutung des Begriffs "Gewerbetreibender", wie er in der Richtlinie 2005/29/EG verwendet wird, sind darüber hinaus im Hinblick auf den Wortlaut der Defintion in Art. 2 Buchst. a und b anhand de korrelativen, aber antinomischen Begriffs "Verbraucher" zu bestimmen, der jeden nicht gewerblich oder beruflich Tätigen bezeichnet (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.1993 - C-89/91, Slg. 1993, I-139, Rn. 22, Shearson Lehmann Hutton).
2. Dem Begriff "Verbraucher" kommt entscheidende Bedeutung für die Zwecke der Auslegung der Richtlinie 2005/29/EG zu. Die Bestimmungen der Richtlinie 2005/29/EG sind im Wesentlichen aus der Sicht des Verbrauchers als Adressat und Opfer unlauterer Geschäftspraktiken konzipiert (vgl. EuGH, Urteil vom 12.05.2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903, Rn. 22, 23; EuGH, Urteil vom 19.09.2013 - C-435/11, CHS Tour).
3. Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe wie der Verwaltung eines gesetzlichen Krankenversicherungssystems betraut ist, in ihren persönlichen Anwendungsbereich fällt.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 08.10.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2500
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG München, Urteil vom 17.10.2024 - 29 U 310/21, MIR 2024, Dok. 092
Afterlife - Zur Bestimmung der Reichweite der dem Inhaber eines Internetanschlusses im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung obliegenden sekundären Darlegungslast
BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15, MIR 2017, Dok. 013
Keine geschäftliche Handlung - Übersendung von Anwaltsschriftsätzen an die Rechtsanwaltskammer nicht wettbewerbs- oder datenschutzrechtswidrig
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.02.2020 - 6 W 19/20, MIR 2020, Dok. 029
AdBlock Plus - Anbieten und Nutzen des Browser-Plugin "AdBlock Plus" stellt keine Urheberrechtsverletzung betreffend die aufgerufenen Websites dar
OLG Hamburg, Urteil vom 24.08.2023 - 5 U 20/22, MIR 2023, Dok. 066
Sperrandrohung für einen Mobilfunkanschluss bei strittiger Gebührenforderung kann eine unlautere aggressive geschäftliche Handlung darstellen
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2019, Dok. 031



