Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 15.08.2013 - I ZR 80/12
File-Hosting-Dienst - Zur Störerhaftung des Betreibers eines File-Hosting-Dienstes für Urheberrechtsverletzungen der Nutzer (Rapidshare).
UrhG § 97; TMG § 7 Abs. 2, § 10
Leitsätze:*1. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2008 - I ZR 73/05 - Internetversteigerung III; BGH; Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens; BGH, Urteil vom 18.11.2011 - I ZR 155/09 - Sedo; BGH, Urteil vom 12.07.2012 - I ZR 18/11 – Alone in the dark). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten Dateien steht im Übrigen §7 Abs.2 Satz1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (mit Hinweis auf Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2011 - I ZR 155/09 - Sedo). Diese Grundsätze stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 12. Juli 2011 (C-324/09, Slg. 2011, I-6011 - L’Oréal/eBay) aufgestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.08.2011 - I ZR 57/09 - Stiftparfüm).
2.
a) Ist das Geschäftsmodell eines File-Hosting-Dienstes nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt, ist der Umstand, dass der Betreiber durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung des Dienstes fördert, bei der Bestimmung des Umfangs der ihm als Störer obliegenden Prüfpflichten zu berücksichtigen (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 21 ff. - Alone in the Dark).
b) Leistet ein File-Hosting-Dienst durch sein konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub, so ist ihm eine umfassende regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten, die auf seinen Dienst verweisen (Fortführung von BGHZ 194, 339 Rn. 39 - Alone in the Dark).
c) Die Prüfpflichten des Störers, die sich danach ergeben, bestehen in Bezug auf jedes Werk, hinsichtlich dessen ihm eine klare Rechtsverletzung angezeigt worden ist; sie verringern sich nicht deswegen, weil er auf eine große Zahl von Verletzungen - im Streitfall auf das Öffentlich-Zugänglichmachen von über 4800 Musiktiteln - hingewiesen worden ist.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 03.09.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2493
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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