Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 06.12.2012 - III ZR 173/12
Keine Fortsetzung von Unterlassungsansprüchen nach Verschmelzung - Wird der Rechtsträger eines Unternehmens nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes auf einen anderen Rechtsträger verschmolzen, kann dies allein - auch im Falle der Fortführung des Betriebs bei dem übernehmenden Rechtsträger - keine für einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG erforderliche Wiederholungsgefahr begründen.
UKlaG § 1; UWG § 8 Abs. 1; MarkenG § 14; UmwG § 2 Nr. 1; BGB §§ 307 ff.
Leitsätze:*1. Bei der Verschmelzung von Rechtsträgern (nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes, § 2 UmwG) setzen sich Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG und § 14 MarkenG bei dem aufnehmenden Rechtsträger regelmäßig nicht fort. Der neue Unternehmensinhaber tritt insoweit nicht im Wege der (Gesamt-) Rechtsnachfolge in die gesetzliche Unterlassungspflicht ein. Die Wiederholungsgefahr ist ein tatsächlicher Umstand, der nach den Verhältnissen in der Person des in Anspruch Genommenen zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Rechtsvorgänger die Wiederholungsgefahr persönlich durch eigenes Verhalten begründet hat, sondern auch, wenn der Wettbewerbsverstoß durch Organe des Rechtsvorgängers oder Mitarbeiter seines Unternehmens begangen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2007 - I ZR 34/05, MIR 2007, Dok. 354 - Schuldnachfolge; BGH, Urteil vom 03.04.2008 - I ZR 49/05 - Schuhpark; BGH, Urteil vom 18.03.2010 - I ZR 158/07 - Modulgerüst II). Der Zweck von § 8 Abs. 2 UWG lässt es nicht zu, Wettbewerbsverstöße, die Mitarbeiter in einem Unternehmen unter der Verantwortung des früheren Rechtsinhabers begangen haben, nunmehr dem neuen Rechtsinhaber zuzurechnen (BGH, Urteil vom 26.04.2007 - I ZR 34/05, MIR 2007, Dok. 354 - Schuldnachfolge). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob den neuen Unternehmensinhaber eine originäre Haftung aus § 8 Abs. 2 UWG im Hinblick auf die früher begangenen Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern oder Beauftragten treffen kann. Dann muss in der Person des Unternehmers der Tatbestand dieser Norm erfüllt sein. Für den Unterlassungsanspruch genügt es insofern allerdings nicht, dass es früher im Unternehmen zu einem Wettbewerbsverstoß von Mitarbeitern oder Beauftragten gekommen ist und in deren Person noch Wiederholungsgefahr besteht. Soweit es um die (originäre) Haftung des neuen Unternehmensinhabers aus § 8 Abs. 2 UWG (oder § 31 BGB analog) geht, muss in der Person der betreffenden Mitarbeiter oder Beauftragten vielmehr Erstbegehungsgefahr bestehen. Die bloße Tatsache des Unternehmensübergangs und der Fortführung des Betriebs selbst mit identischem Personal reicht dafür nicht aus (BGH, Urteil vom 26.04.2007 - I ZR 34/05, MIR 2007, Dok. 354 - Schuldnachfolge; BGH, Urteil vom 03.04.2008 - I ZR 49/05 - Schuhpark).
Diese Grundsätze sind entsprechend auf den Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG zu übertragen (wird ausgeführt).
2.
a) Enthalten die von einem Unternehmen (hier: Mobilfunkanbieter) abgeschlossenen Verträge nach Maßgabe der §§ 307 ff BGB unwirksame Klauseln, so begründet dies, wenn der Rechtsträger des Unternehmens nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes auf einen anderen Rechtsträger verschmolzen wird, auch im Falle der Fortführung des Betriebs bei dem übernehmenden Rechtsträger keine - für einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG erforderliche - Wiederholungsgefahr (im Anschluss an BGH, Urteil vom 26. April 2007 - I ZR 34/05, BGHZ 172, 165).
b) Da der neue Rechtsträger in die abgeschlossenen Verträge eintritt, sind in einem solchen Falle an die Begründung einer Erstbegehungsgefahr (hinsichtlich des Sich-Berufens) keine allzu strengen Anforderungen zu stellen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 18.01.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2439
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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