Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 14.02.2019 - I ZR 6/17
Kündigung der Unterlassungsvereinbarung - Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bei einer Abmahnung kann einen wichtigen Grund für die Kündigung einer Unterlassungsvereinbarung darstellen
UWG § 8 Abs. 4; BGB §§ 314, 242
Leitsätze:*1. Der Wegfall des dem vertraglich vereinbarten Verbot zugrunde liegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs bildet einen wichtigen Grund, der die Kündigung des Unterlassungsvertrags wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung rechtfertigt. Einer Gesetzesänderung steht gleich, dass das dem Schuldner aufgrund eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs untersagte Verhalten aufgrund einer höchstrichterlichen Leitentscheidung nunmehr eindeutig als rechtmäßig zu beurteilen ist (BGH, Urteil vom 08.04.2014 - I ZR 210/12 - fishtailparka). Danach bildet allerdings nicht allein der Wegfall des dem vertraglich vereinbarten Verbot zugrundeliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs einen wichtigen Grund für die Kündigung eines Unterlassungsvertrags wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Ein Unterwerfungsvertrag kann nach § 314 Abs. 1 BGB auch aus anderen Gründen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
2.
a) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bei einer Abmahnung kann einen wichtigen Grund für die Kündigung einer auf der Abmahnung beruhenden Unterlassungsvereinbarung darstellen.
b) Bei einem aufgrund missbräuchlicher Abmahnung abgeschlossenen Unterlassungsvertrag steht der Geltendmachung von Vertragsstrafen für Verstöße, die der Schuldner vor der Kündigung des Vertrags begangen hat, der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegen.
3. Der Geltendmachung von Vertragsstrafen wegen Verstößen gegen eine aufgrund einer missbräuchlichen Abmahnung abgeschlossene Unterlassungsvereinbarung kann schon vor deren Kündigung der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen. Verhaltensweisen, die der gerichtlichen Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach § 8 Abs. 4 UWG entgegenstehen können, schließen Vertragsstrafenansprüche zwar nur aus, wenn sie für die Abgabe der Unterwerfungserklärung ursächlich gewesen sind oder mit dieser jedenfalls im Zusammenhang stünden; bei äußeren Umständen, die den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs begründeten, ist dies aber der Fall.
4. Zur Annahme rechtsmissbräuchlicher Motive im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG bei der Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 17.04.2019
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2922
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2022 - I-20 U 105/21, MIR 2022, Dok. 019
Auf eigene Initiative - Zum Umfang der Unterlassungspflicht bei einer Zeichenbenutzung auf Webseiten Dritter
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.10.2020 - I-20 W 71/19, MIR 2020, Dok. 098
Cookie-Einwilligung II - Zur Einwilligung in telefonische Werbung von zahlreichen Partnerunternehmen und die Verwendung von Cookies zur Erstellung von Nutzerprofilen zu Werbezwecken
BGH, Urteil vom 28.05.2020 - I ZR 7/16, MIR 2020, Dok. 059
Sportwagenfoto - Der Schadenersatz nach der Lizenzanalogie für die unbefugte kommerzielle Nutzung eines einfachen Lichtbildes kann mit EUR 100,00 ausreichend bemessen sein
BGH, Urteil vom 13.09.2018 - I ZR 187/17, MIR 2018, Dok. 060
Elektronischer Rechtsverkehrs per beA - Zum Eingang eines über das beA eingereichten Dokuments bei Gericht und zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze auf diesem Weg
BGH, Beschluss vom 11.05.2021 - VIII ZB 9/20, MIR 2021, Dok. 051