Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 26.07.2012 - VII ZR 262/11
Grundeintrag für ein Branchenverzeichnis im Internet - Wird eine Leistung in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, nicht Vertragsbestandteil.
BGB § 305c Abs. 1
Leitsätze:*1. Nach § 305c Abs. 1 BGB - der auch gegenüber Unternehmern Anwendung findet (§ 310 BGB) - werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Einen überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (BGH, Urteil vom 17.05.1982 - VII ZR 316/81; BGH, Urteil vom 18.05.1995 - IX ZR 108/94; BGH, Urteil vom 11.12.2003 - III ZR 118/03; BGH, Urteil vom 09.12.2009 - XII ZR 109/08). Dabei kommt es generell nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreis an (BGH, Urteil vom 30.10.1987 - V ZR 174/86; BGH, Urteil vom 24.10.2000 - XI ZR 273/99; BGH Urteil vom 10.09.2002 - XI ZR 305/01). Der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmungen zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BGH, Urteil vom 17.05.1982 - VII ZR 316/81; BGH, Urteil vom 22.11.2005 - XI ZR 226/04; BGH, Urteil vom 21.07.2010 - XII ZR 189/08).
2. Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 15.08.2012
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2417
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 12.12.2019 - I ZR 21/19, MIR 2020, Dok. 011
'Anfragen mit System Programm' - Bei einem Online-Coaching-Vertrag ist der persönliche Anwendungsbereich des FernUSG im Verhältnis zu einem Unternehmer als Coachee nicht eröffnet
OLG München, Urteil vom 17.10.2024 - 29 U 310/21, MIR 2024, Dok. 092
Fragen zum Umfang der von "YouTube" bei Urheberrechtsverletzungen der Nutzer geschuldeten Auskünfte dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 007
Senkrechtlift - Der Ausschlusstatbestand des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB gilt regelmäßig nicht für Werkverträge nach § 631 BGB
BGH, Urteil vom 30.08.2018 - VII ZR 243/17, MIR 2018, Dok. 042
Eingang beim Gericht bei Übermittlung via beA - Ein über das beA eingereichtes Dokument ist wirksam beim zuständigen Gericht eingegangen, wenn es auf dem Empfänger-Intermediär für dieses Gericht im Netzwerk für das EGVP gespeichert wurde
BGH, Beschluss vom 30.11.2022 - IV ZB 17/22, MIR 2022, Dok. 099