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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klage wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichung nur bei deutlichem Inlandsbezug.

BGH, Urteil vom 29.03.2011 – VI ZR 111/10; Vorinstanzen: LG Köln, Urteil vom 26.08.2009 - 28 O 478/08 = MIR 2010, Dok. 034; OLG Köln, Entscheidung vom 30.03.2010 - 15 U 148/09

MIR 2011, Dok. 034, Rz. 1


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Damit deutsche Gerichte bei Streitigkeiten über (vermeintliche) Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Veröffentlichungen im Internet international zuständig sind, müssen die betreffenden Inhalte einen deutlichen Inlandsbezug aufweisen, d.h. eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Inland tatsächlich eingetreten sein oder eintreten können. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.03.2011 (VI ZR 111/10) hervor.

Zur Sache

Der Kläger ist russischer Geschäftsmann, der neben einer Wohnung in Moskau auch einen Wohnsitz in Deutschland hat. Die Beklagte, die zusammen mit dem Kläger die Schule in Moskau besucht hat, lebt inzwischen in den USA. Die Parteien trafen bei einem Klassentreffen mit weiteren in Russland verbliebenen Mitschülern in der Wohnung des Klägers in Moskau zusammen. Danach veröffentlichte die Beklagte von den USA aus einen in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefassten Bericht über das Internetportal www.womanineurope.com, das von einem Anbieter mit Sitz in Deutschland betrieben wird. In dem Bericht äußert sie sich unter anderem über die Lebensumstände und das äußere Erscheinungsbild des Klägers.

Der Kläger begehrte daraufhin die Unterlassung mehrerer Äußerungen, Geldentschädigung und Auskunft über den Zeitraum und die Internetadressen, über welche die zu unterlassenden Äußerungen abrufbar waren. Landgericht und Oberlandesgericht haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Deutlicher Inlandsbezug besteht nur, wenn Kollision der widerstreitenden Interessen im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann

Der Bundesgerichtshofs hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Deutschen Gerichte seien zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweisen und zwar in dem Sinne, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen (hier: dem Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits und dem Interesse der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits) nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten könne.

Reine Abrufbarkeit und Serverstandort im Inland reichen nicht aus

Aus dem Inhalt der im Streitfall angegriffenen Äußerung lasse sich ein solcher deutlicher Inlandsbezug nicht herleiten, so der BGH. Die in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefasste Reisebeschreibung schildere ein privates Zusammentreffen der Parteien in Russland. Die beschriebenen Umstände aus dem privaten Bereich des Klägers seien in erster Linie für die an dem Treffen Beteiligten von Interesse. Diese haben, bis auf den Kläger, ihren gewöhnlichen Aufenthalt aber nicht in Deutschland. Allein dadurch, dass der Kläger an seinem Wohnsitz im Inland den Bericht abgerufen hat, werde ein deutlicher Inlandsbezug noch nicht hergestellt. Diese gelte selbst dann, wenn vereinzelt Geschäftspartner Kenntnis von den angegriffenen Äußerungen erhalten haben sollten. Aus dem Standort des Servers in Deutschland lasse sich eine die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründende Handlung der Beklagten ebenfalls nicht herleiten.

(tg) PM Nr. 50/2011 des BGH vom 30.03.2011


Online seit: 30.03.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2312
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