Rechtsprechung
OLG Köln, Beschluss vom 10.02.2011 - 6 W 5/11
Erhebliche Zweifel an zuverlässiger IP-Adressermittlung - Die wiederholte Nennung von gleichen IP-Adressen in einem Antrag nach § 101 UrhG kann erhebliche Zweifel an einer zutreffenden Ermittlung der IP-Adresse begründen. Eine offensichtliche Rechtsverletzung liegt dann nicht vor.
UrhG § 101 Abs. 2, Abs. 9; FamFG § 62
Leitsätze:*1. Das Erfordernis der Offensichtlichkeit im Sinne von § 101 Abs. 2 UrhG bezieht sich neben der Rechtsverletzung auch auf die Zuordnung dieser Verletzung zu den begehrten Verkehrsdaten. Durch das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit soll gewährleistet werden, dass ein Auskunftsanspruch nur dann zuerkannt wird, wenn eine ungerechtfertigte Belastung des Auskunftsschuldners ausgeschlossen erscheint (mit Verweis auf BT-Drucks, 16/5048, S. 39; vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008 - 6 Wx 2/08, MIR 2008, Dok. 323).
2. Eine offensichtliche Rechtsverletzung im Sinne von § 101 Abs. 2 UrhG liegt nicht vor, wenn die wiederholte Nennung von (gleichen, dynamisch zugeordneten) IP-Adressen in einem Antrag nach § 101 UrhG erhebliche Zweifel an einer zutreffenden Ermittlung der IP-Adresse begründet.
3. Bei einer dynamischen Zuordnung von IP-Adressen und einer Zwangstrennung nach 24 Stunden durch den Internet-Provider kann davon auszugehen sein, dass einem Anschlussinhaber in einem Zeitraum von mehreren Tagen (hier: rund drei) mehrmals - jedenfalls nach spätestens 24 Stunden und bei selbständiger Trennung der Internetverbindung durch den Anschlussinhaber - neue IP-Adressen zugewiesen werden. Die mehrmalige Zuordnung der gleichen IP-Adresse ist hierbei höchst unwahrscheinlich.
Es ist daher von erheblich höherer Wahrscheinlichkeit, zumindest aber nicht auszuschließen, dass die mehrfache Nennung gleicher IP-Adressen in einem Antrag nach § 101 UrhG für Zeiträume an unterschiedlichen Tagen im Zusammenhang mit dem gleichen Werk auf einem Fehler bei der Ermittlung, Erfassung oder Übertragung der IP-Adressen beruht.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 25.02.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2300
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 12.01.2023 - I ZR 49/22, MIR 2023, Dok. 032
LGA geprüft - Zu den Anforderungen an die Werbung mit einem Prüfzeichen oder mit einer, dem Informationsgehalt nach einem Prüfzeichen entsprechenden Angabe
OLG Bremen, Beschluss vom 24.01.2024 - 2 U 60/23, MIR 2024, Dok. 030
Werbung für ökologische Wasch-, Putz- und mit der Angabe "Klimaneutral" ohne Aufklärung irreführend
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2022, Dok. 088
Verwarnung aus Kennzeichenrecht III - Zum Schadenersatz wegen der unberechtigten Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
BGH, Urteil vom 29.05.2024 - I ZR 145/23, MIR 2024, Dok. 063
Positivdaten - Streitwert bei Geltendmachung von Entschädigungs- und Unterlassungsansprüchen wegen der Weitergabe sogenannter "Positivdaten" an Auskunfteien
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.06.2025 - 6 W 75/25, MIR 2025, Dok. 063



