Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2009 - 4 U 149/09
Kein Kostenerstattungsanspruch bei einer Gegenabmahnung - Selbst im Fall einer unberechtigten Abmahnung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Gegenabmahnung besteht.
UWG §§ 3, 4 Nr. 10, §§ 8, 9, 12 Abs. 1 Satz 2; BGB §§ 678, 826; ZPO § 93
Leitsätze:*1. Selbst im Fall einer unberechtigten Abmahnung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Gegenabmahnung
besteht. Eine Anspruchsgrundlage wie § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG existiert nicht. Hierbei steht der objektiv unbegründeten Abmahnung
die lediglich unbefugte Abmahnung gleich, d.h. wenn ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, dem Abmahner aber die
Abmahnbefugnis fehlt, etwa mangels Anspruchsberechtigung (§ 8 Abs. 3 UWG) oder wegen Missbrauchs (§ 8 Abs. 4 UWG).
2. Der Abgemahnte kann gegen eine unberechtigte Abmahnung im Wege der Feststellungsklage vorgehen. Eine vorherige Gegenabmahnung ist grundsätzlich nicht -
auch nicht zur Vermeidung der Kostenfolge aus § 93 ZPO - erforderlich ("verfahrensrechtliches Privileg").
3. Im Fall einer unberechtigten Abmahnung kann grundsätzlich auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb angenommen werden (zu bestimmten Sonderfällen im Bereich von unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen vgl.
BGH, Beschluss vom 15.07.2005 - Az. GSZ 1/ 04 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).
4. Bei einer Gegenabmahnung sind im Ausnahmefall Ansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 10, 9 UWG, § 826 BGB oder § 678 BGB denkbar.
Insoweit stellt sich eine Abmahnung als "gezielte" Behinderung im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG dar, wenn der Abmahnende von der fehlenden Berechtigung der
Abmahnung Kenntnis hatte oder sich der Kenntnis bewusst verschließt.
Ein (Ausnahme-) Fall liegt auch dann vor, wenn die Abmahnung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruhte,
bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden konnte
(vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 29.04.2004 - Az. I ZR 233/01 – Gegenabmahnung).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 30.12.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2099
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.03.2020 - 6 U 240/19, MIR 2020, Dok. 046
Ferrari 458 Speciale - Pflicht zur Information über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines beworbenen Pkw-Modells besteht unabhängig von dessen Verfügbarkeit
BGH, Urteil vom 01.04.2021 - I ZR 115/20, MIR 2021, Dok. 044
Fragen zum Umfang der von "YouTube" bei Urheberrechtsverletzungen der Nutzer geschuldeten Auskünfte dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 007
Zur Prüfpflicht des Betreibers einer Internet-Suchmaschine bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen
BGH, Urteil vom 24.07.2018 - VI ZR 330/17, MIR 2019, Dok. 001
Verkehrsflächenreinigung - Zur Frage rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Verbraucherwiderrufsrechts gemäß § 355 Abs. 1, § 312g Abs. 1 BGB
BGH, Urteil vom 20.02.2025 - VII ZR 133/24, MIR 2025, Dok. 033