Literatur
Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Silvia Bader, Jürgen Seul: Surfen am Arbeitsplatz
München: Verlag Medien und Recht, 2009, 288 Seiten, 26,00 EUR
MIR 2009, Dok. 224, Rz. 1-10
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Die Weiterentwicklung der Informationstechnologien schreitet bekanntermaßen stetig und mit hoher Geschwindigkeit voran. Das Internet als Leitmedium der modernen Kommunikationsformen hat längst auch am Arbeitsplatz Einzug gehalten und ist dort regelmäßig wie selbstverständlich auch einer privaten Nutzung zugänglich. Es stellt sich die – zugegeben nicht neue - Frage, wie der dadurch entstehende Konflikt zwischen den Interessen des Arbeitgebers, eine (zumindest zu weitgehende ggf. "arbeitsplatzschädliche") private Nutzung möglichst zu unterbinden, und dem Interesse des Arbeitnehmers, jedenfalls auch am Arbeitsplatz privat "surfen" zu können, und die damit im Zusammenhang stehenden arbeits– datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Fragestellungen zu lösen sind. Die andauernde Veränderung moderner Kommunikationsmodelle und die herausragende Rolle des Internet für unser Kommunikations- und Informationsverhalten stellen hierbei stetig neue Herausforderungen sowohl an die Lebenswirklichkeit als auch an deren Regularium - das Recht - innerhalb der jeweiligen Parteienbeziehungen (hier: Arbeitnehmer und Arbeitgeber).
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Das vorliegende Werk "Surfen am Arbeitsplatz - Rechtsfolgen privater Telefon- und Internet-Nutzung" ist derzeit eines der wenigen, das sich in isolierter dezidierter Form mit diesen praktisch bedeutsamen Fragestellungen und deren rechtlichen Konsequenzen auseinandersetzt. Die Autoren Silvia Bader und Jürgen Seul verfolgen hierbei das (erreichte) Ziel, einen möglichst umfassenden Überblick über die mit der Thematik "Surfen am Arbeitsplatz" in Zusammenhang stehenden Problemfelder und deren rechtliche Zusammenhänge zu schaffen.
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Das Buch ist in insgesamt 12 Kapitel unterteilt. Die Frage der Erlaubnis (Duldung bzw. Gestattung) von privater Telefon- und Internetnutzung, die Problematik der Rücknahme einer erteilten Erlaubnis, mögliche Missbrauchsfälle bei unzulässiger wie auch zulässiger Privatnutzung sowie die Problematisierung von rechtlichen Grenzen der Mitarbeiterüberwachung stellen dabei – mit Blick auf die praktische und rechtliche Relevanz auch zu Recht - den inhaltlichen Kernbereich der Abhandlung dar.
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Nachdem im ersten Kapitel ein kurzer Überblick über die Rechtslage bezüglich des privaten Telefonierens am Arbeitsplatz (A) gegeben wird, bezieht sich das Werk demgegenüber in den weiteren Kapiteln schwerpunktmäßig auf die Nutzung des Internets, wobei die Thematik des privaten Telefonierens aufgrund der Analogiemöglichkeit mit einbezogen wird.
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Das Buch informiert den Leser eingangs über das Medium Internet als betriebliches Telekommunikationsmittel (B). Es folgt die Erläuterung der Frage, ob sich das (häufige) Fehlen einer ausdrücklichen Regelung als Duldung oder Verbot einer Privatnutzung darstellt (C). Hierbei setzen sich die Autoren eingehend mit der instanzgerichtlichen Rechtsprechung, der Literatur und natürlich der Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.07.2005 (Az. 2 AZR 581/04 - "Surfen" im Internet) auseinander.
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Im Weiteren wird die Existenz der Gestattung einer Privatnutzung des betrieblichen Internetzugangs durch ausdrückliche Erlaubnis einerseits und durch betriebliche Übung andererseits unter Einbezug des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und einer gegebenenfalls vorliegenden kommunikationspezifischen Erlaubnis problematisiert (D). Die grundsätzliche Möglichkeit der Rücknahme einer einmal erteilten Erlaubnis wird im Anschluss erläutert, wobei hier zwischen der ausdrücklich und konkludent erteilten Erlaubnis differenziert und auch die Rücknahme aufgrund betrieblicher Übung in die Betrachtung einbezogen wird (E). Damit wird dem Leser ein aufschlussreicher Einstieg in den gesamten Themenbereich ermöglicht, bevor anschließend die "Rechtsfolgenseite", d.h. Missbrauchsfälle und deren Sanktion- und Reaktionsmöglichkeiten seitens des Arbeitgebers (F), behandelt werden. Die nachfolgenden Kapitel informieren sodann u. a. über Ersatzansprüche des Arbeitgebers (G) und die Stellung und Position sowie die Rechte des Betriebsrates (H). Abschließend wird die eng mit dem Problemkreis der Internetnutzung zusammenhängende Frage von "Grenzen der Mitarbeiterüberwachung" (I) dargestellt, so dass auch dieses – in Zeiten der öffentlichen Diskussion von Überwachungsmethoden großer Konzerne – brandaktuelle und überaus wichtige Thema abgedeckt wird. Abrundung findet die Darstellung schließlich mit steuerrechtlichen Hinweisen (J) - Stichwort: "geldwerter Vorteil" -, einem zusammenfassenden "Gesamtergebnis" (K), einer Checkliste mit den wichtigsten Stichwörtern zum "Surfen am Arbeitsplatz" (L) sowie einem Anhang, der den Abdruck relevanter und weiterführender (Gesetzes-) Materialien und ein Muster für eine entsprechende Arbeitsvertragsklausel und eine Betriebsvereinbarung umfasst.
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Die klare Gliederung, die Hervorhebung besonders wichtiger Fakten sowie die stete Untermauerung der Ausführungen mit aktueller Rechtsprechung machen das Buch benutzerfreundlich, unterstreichen den praktischen Nutzen und ermöglichen dem Leser die vertiefende weitergehende Lektüre.
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Inhaltlich legen die Autoren eine kompakte praxisorientierte Darstellung der tatsächlichen und rechtlichen Probleme sowie möglicher Lösungsansätze im Zusammenhang mit der aktuellen Thematik "private Internetnutzung am Arbeitsplatz" vor, die sich als zuverlässiger "erster Helfer" und kleines Nachschlagewerk bei der Beurteilung dieser Fallgestaltungen erweist; einen fachlich vertiefenden Ansatz dabei aber nicht vermissen lässt.
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Gerade durch die stets verständlichen Ausführungen gelingt es natürlich, Rechtliches auch für den juristischen Laien transparent darzustellen, worin sich eine besondere Stärke des Buches zeigt, sämtliche Leser der vielschichtigen Zielgruppe, mit der Materie angemessen vertraut zu machen.
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Insgesamt stellt sich die vorliegende Abhandlung damit als eine gelungene Arbeitshilfe mit erheblichem praktischem Nutzen dar, die sowohl Fachjuristen in der Beratung und in Unternehmen als auch Arbeitgebern, Personalabteilungen, Betriebsräten und natürlich Arbeitnehmern mit bestem Gewissen empfohlen werden kann.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 01.11.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2066
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