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Rechtsprechung



LG Kiel, Beschluss vom 06.05.2009 - 2 O 112/09

Zum "gewerblichen Ausmaß" im Sinne von § 101 Abs. 1 UrhG - Das einmalige Herunter- und Hochladen von Dateien kann für sich allein auch dann kein "gewerbliches Ausmaß" begründen, wenn dies über eine Internettauschbörse geschieht.

UrhG § 101 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 9

Leitsätze:*

1. Der Drittauskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 UrhG setzt neben der Erbringung der Dienstleistung im "gewerblichen Ausmaß" durch den Dritten voraus, dass auch die Urheberrechtsverletzung nach § 101 Abs. 1 UrhG selbst in "gewerblichem Ausmaß" begangen wurde. Hierbei kann sich ein gewerbliches Ausmaß nach § 101 Abs. 1 Satz 2 UrhG sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus deren Schwere ergeben. In "gewerblichen Ausmaß" begangene Rechtsverletzungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden. Handlungen von Endverbrauchern, die in gutem Glauben vorgenommen werden, fallen in der Regel nicht darunter. Der Begriff des "gewerblichen Ausmaßes" ist insoweit dahin auszulegen, dass eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität vorliegen muss.

2. Bei illegalen Kopien von Musikwerken und deren Verbreitung im Internet über so genannte Tauschbörsen muss ein Umfang erreicht werden, der über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch entspräche (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.10.2008 - Az. 3 W 184/08 = MIR 2008, Dok. 328).

3. Das einmalige Herunter- und Hochladen von Dateien (hier: Musikalbum bzw. Titel) kann für sich allein auch dann kein "gewerbliches Ausmaß" begründen, wenn dies über eine Internettauschbörse geschieht.

4. Die Annahme eines "gewerblichen Ausmaßes" aufgrund der "Schwere der Rechtsverletzung" im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 UrhG setzt voraus, dass der wirtschaftliche Wert der Nutzung des betroffenen Urheberrechts in erheblichen Umfang durch die Rechtsverletzung beeinträchtigt wird (Verletzungsqualität). Der wirtschaftliche Wert eines Urheberrechts richtet sich in erster Linie danach, wie das betreffende Werk am Markt nachgefragt wird. Diese Nachfrage wird zwar auch von der Aktualität des Werkes, insbesondere aber von der Bekanntheit des Interpreten und seines geschützten Werkes bestimmt.

5. Allein daraus, dass ein gesamtes Musikalbum in der "relevanten Verkaufsphase" der Öffentlichkeit angeboten wird, lässt sich ein "gewerbliches Ausmaß" im Sinne von § 101 Abs. 1 UrhG nicht ableiten (entgegen OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008 - Az. 6 Wx 2/08 = MIR 2008, Dok. 323). Insbesondere ist die Unterscheidung zwischen einzelnen Titeln eines Albums und der Gesamtheit der Titel gegenüber dem Wert des betreffenden Werkes und der aktuellen Nachfrage hiernach für die Frage der Schwere der Rechtsverletzung von untergeordneter Bedeutung.

MIR 2009, Dok. 211


Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 18.10.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2053

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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