Rechtsprechung
LG Kiel, Urteil vom 25.03.2009 - 5 O 206/08
(Kein) Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts bei Mobilfunkverträgen - Wird eine teilbare Leistung während der noch laufenden Widerrufsfrist in Anspruch genommen, besteht kein Schutzbedürfnis des Unternehmers für einen Ausschluss des Widerrufsrechts.
BGB § 307 Abs. 1, § 355 Abs. 2; BGB § 312d Abs. 3 Nr. 2 a.F.
Leitsätze:*1. Nimmt der Unternehmer eine nicht nur vorbereitende Handlung vor, die den Kunden bereits unmittelbar in den Genuss der Vorteile kommen lässt, um derentwillen er den Vertrag abgeschlossen hat, ist dies als Beginn der Ausführung der Dienstleistung durch den Unternehmer im Sinne von § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F. anzusehen.
2. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Verlust des Widerrufsrechts in einer Weise vorverlagert,
die mit der gesetzlichen Regelung des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F. nicht mehr vereinbar ist,
ist unzulässig nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und damit unwirksam.
3. Bei Mobilfunkverträgen kann das Erlöschen des Widerrufsrechts (nach § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F.) nicht an den Zeitpunkt der
bloßen Stellung eines Antrages auf Rufnummermitnahme durch den Kunden geknüpft werden, wenn die tatsächliche Einleitung
des Portierungsprozesses von mindestens einer weiteren - manuellen - Handlung des Anbieters abhängt.
4. Wird eine teilbaren Leistung während der noch laufenden Widerrufsfrist in Anspruch genommen, besteht
kein Schutzbedürfnis des Unternehmers für einen Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F.,
sofern er in der Lage ist, die bereits erbrachten Teilleistungen abzurechnen (hier: Mobilfunktelefonleistungen).
Die Vorschrift des § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F. ist daher teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass der Ausschluss
des Widerrufsrechts nur bei unteilbaren Dienstleistungen gilt.
Bitte beachten Sie die neue Fassung von § 312d Abs. 3 BGB aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2413); in Kraft getreten am 04.08.2009.
Vgl. zur Thematik auch: AG Montabaur, Urteil vom 15.01.2008 - Az. 15 C 195/07, MIR 2008, Dok. 284.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 12.10.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2048
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG München, Hinweisbeschluss vom 16.05.2024 - 3 U 984/24 e, MIR 2024, Dok. 068
Vitrinenleuchte - Zum urheberrechtlichen Schutz und der Bestimmung des konkreten urheberrechtlichen Schutzbereichs eines Werks der angewandten Kunst
BGH, Urteil vom 15.12.2022 - I ZR 173/21, MIR 2023, Dok. 024
Produktfotografien - Bei einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch kann der Streitwert im einstweiligen Verfügungsverfahren mit EUR 8.000,00 pro professionellem Produktfoto angemessen angesetzt sein
OLG Hamburg, Beschluss vom 10.02.2022 - 5 W 58/21, MIR 2022, Dok. 068
Microstock-Portal - Zur Möglichkeit und den Grenzen von Vereinbarungen über den Verzicht auf die Ausübung des Urheberbezeichnungsrechts (§ 13 Satz 2 UrhG)
BGH, Urteil vom 15.06.2023 - I ZR 179/22, MIR 2023, Dok. 070
UKlaG-Streitwert - Bei einer auf § 1 oder § 4a UKlaG gestützten Klage eines Wirtschaftsverbands sind Gebührenstreitwert und Beschwer regelmäßig mit EUR 2.500,00 je angegriffener Teilklausel zu bemessen
BGH, Beschluss vom 17.11.2020 - X ZR 3/19, MIR 2021, Dok. 003