Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 11.03.2009 - I ZR 194/06
Geld-zurück-Garantie II - Zu den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Mitteilung der Bedingungen für die Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme.
UWG (2008) § 4 Nr. 4; UWG (2004) § 12 Abs. 1
Leitsätze:*1. Die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG ist mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vereinbar.
2. Soweit § 4 Nr. 4 UWG beispielhaft Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke als Verkaufsförderungsmaßnahmen aufführt, zählen hierzu alle zur Förderung
des Absatzes gewährten geldwerten Vergünstigungen, die in ähnlicher Weise wie die genannten Beispiele die Kaufentscheidung des Verbrauchers
beeinflussen können (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.10.2006 - Az. 6 U 73/06).
3. Bei einer "Geld-zurück-Garantie", die dem Kunden bei Unzufriedenheit mit dem Produkt ermöglicht, sein Geld zurückzuverlangen, handelt es sich um
eine solche geldwerte Vergünstigung zur Förderung des Absatzes. Eine solche "Garantie" ist einem kostenlosen Probierexemplar oder einem
Geschenk vergleichbar (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.10.2006 - Az. 6 U 73/06). Der von einer solchen kostenlosen Testmöglichkeit
ausgehende Kaufanreiz wirkt bereits auf die erste Kaufentscheidung des Kunden.
4. § 4 Nr. 4 UWG soll der Missbrauchsgefahr begegnen, die aus der hohen Attraktivität von Verkaufsförderungsmaßnahmen
für den Kunden folgt, wenn durch eine solche Werbung die Kaufentscheidung beeinflusst wird, jedoch hohe Hürden für die
Inanspruchnahme des ausgelobten Vorteils aufgestellt werden. Darum sollen Verkaufsförderungsmaßnahmen nur dann zulässig sein, wenn die Bedingungen
für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig angeben sind.
5. Bei Verkaufsförderungsmaßnahmen muss der Verbraucher Gelegenheit haben, sich vor der Kaufentscheidung über zeitliche Befristungen der Aktion,
über eventuelle Beschränkungen des Teilnehmerkreises, über Mindest- oder Maximalabnahmemengen sowie über mögliche weitere Voraussetzungen für die
Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme zu informieren.
6. Werden die Bedingungen für die Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme erst auf der Innenseite einer Verpackung angegeben, reicht dies
für die Erfüllung des Transparenzgebots nach § 4 Nr. 4 UWG grundsätzlich nicht aus. Ein missbräuchlicher Einfluss von Verkaufsförderungsmaßnahmen
auf die Kaufentscheidung kann insoweit nur ausgeschlossen werden, wenn die Bedingungen der Inanspruchnahme dem Kunden vor
seiner Kaufentscheidung bekannt gegeben werden. Der Hinweis auf eine Internetseite reicht grundsätzlich nicht aus, da diese für den Kunden
regelmäßig nicht im Geschäft zugänglich ist. Deshalb müssen die wesentlichen Informationen über die Verkaufsförderungsmaßnahme bereits auf der
äußeren Verpackung des Produkts oder jedenfalls an geeigneter Stelle unmittelbar am Verkaufsort (z.B. Regal, Sonderverkaufsfläche) mitgeteilt werden.
7. Im Hinblick auf die Anlockwirkung die bereits von einer Werbung mit einer Verkaufsförderungsmaßnahme ausgeht, ist der Verbraucher nach § 4 Nr. 4 UWG
grundsätzlich schon im Rahmen der Werbung über die Bedingungen für die Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme zu informieren
(vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 - I ZR 196/05, MIR 2008, Dok. 212 - Urlaubsgewinnspiel).
8. In der Fernsehwerbung kann es genügen, die Bedingungen der Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme nicht vollständig zu nennen,
sondern insoweit auf eine Internetseite zu verweisen; der Hinweis muss so gestaltet sein, dass er vom Verbraucher ohne Schwierigkeiten erfasst werden kann.
9. Aus medienimmanenten Gründen sind bestimmte Werbemedien nicht für ausführliche Informationen über Teilnahmebedingungen für Verkaufsförderungsmaßnahmen geeignet
(hier: Fernsehwerbung). Dies hat Einfluss auf den Umfang der Informationspflicht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.10.2007 - Az. 6 U 80/07). Ob insoweit ein
Hinweis auf weiterführende Informationen ausreichend ist, muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entschieden werden.
Stets unmittelbar in der Werbung zu offenbaren sind allerdings unerwartete Beschränkungen oder sonstige überraschende Teilnahmebedingungen
(BGH, Urteil vom 10.01.2008 - I ZR 196/05, MIR 2008, Dok. 212 - Urlaubsgewinnspiel).
10. Die von einem Wettbewerbsverband geltend gemachte Kostenpauschale wird auch für eine Abmahnung geschuldet, die nur teilweise berechtigt ist.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 20.09.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2027
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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