Rechtsprechung
KG Berlin, Beschluss vom 26.06.2009 - 5 W 59/09
Wettbewerbsverstoß durch Organisationsmangel - Die Einleitung der Übernahme von Kunden eines Mitbewerbers auf Grundlage von Fernabsatzverträgen vor Ablauf der Widerrufsfrist kann eine systematische Behinderung dieses Mitbewerbers darstellen, wenn die sofortige Berücksichtigung von Widerrufen der Kunden organisatorisch nicht gewährleistet ist.
UWG §§ 3, 4 Nr. 10, § 8
Leitsätze:*1. Kommt es nur durch versehentliche Vertragsverletzungen dazu, dass einem Mitbewerber Kunden ausgespannt werden, erfüllt dies nicht
den Tatbestand von § 4 Nr. 10 UWG.
2. Die Einleitung der Übernahme von Kunden eines Mitbewerbers auf Grundlage von Fernabsatzverträgen (hier: DSL- und Internet-Zugangsverträge) vor Ablauf der Widerrufsfrist
nach §§ 312d Abs. 1, 355 BGB kann eine geschäftliche Handlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG n.F.) und eine systematische Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG)
dieses Mitbewerbers darstellen, wenn organisatorisch nicht gewährleistet ist, dass Widerrufe der Kunden sofort berücksichtigt werden
(unter Verweis auf: OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.11.2008 - Az. I-20 U 202/07; LG München I, Urteil vom 04.12.2008 - Az. 17 HK O 18444/08 -
jeweils zu Preselection-Aufträgen).
3. Wer eine interne Informationsstruktur aufbaut, die Fernabsatzverträge mit bisherigen Kunden eines Mitbewerbers umgehend umsetzt, aber
große Verzögerungen bei der Bearbeitung von diesbezüglichen Widerrufen zulässt, kann sich nicht auf ein Versehen berufen, sondern
nimmt eine Schädigung der Kunden und des Mitbewerbers in Kauf. Ein systematisches Vorgehen, dass die effektive Durchsetzung des fernabsatzrechtlichen
Widerrufsrechts nicht gewährleistet, ist wettbewerbsrechtlich von Bedeutung, wenn es hierdurch zum Eingriff in Kundenbeziehungen des Mitbewerbers kommt.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 04.08.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2000
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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