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Kurz notiert



Amtsgericht München

Bank muss beanstandete Kreditkartenabbuchungen erstatten - Der Bank obliegt der Nachweis, dass Kreditkartengeschäfte tatsächlich durch den Kunden getätigt wurden oder dass dieser für einen Missbrauch verantwortlich ist.

AG München, Urteil vom 16.02.2009, Az. 242 C 28708/08 (rk)

MIR 2009, Dok. 108, Rz. 1


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Widerruft ein Bankkunde Kreditkartenabbuchungen, weil er das zugrundeliegende Kreditkartengeschäft bestreitet, muss die Bank, die die Abbuchungen zu verantworten hat, entweder beweisen, dass die Kreditkartengeschäfte von dem Kunden getätigt wurden oder dass er für den Missbrauch der Kreditkarte verantwortlich ist. Kann die Bank diesen Beweis nicht führen, hat sie dem Kunden den abgebuchten Geldbetrag zu erstatten, so ein Urteil des AG München vom 16.02.2009 (Az. 242 C 28708/08).

Zur Sache

Die Klägerin schloss im Mai 2007 bei ihrer Bank einen MasterCard-Vertrag, nach dem die mit Kreditkarte bezahlten Beträge von ihrem Konto eingezogen werden sollten. Einige Monate später stellte die Klägerin fest, dass in der Kreditkartenabrechnung Abbuchungen auftauchten, die sie nicht selbst veranlasst hatte. Sie ließ darauf hin die Karte sperren. Die Bank erstattete anstandslos die nicht akzeptierten Beträge. Die Kundin selbst ließ vorsichtshalber ein Virenprogramm auf ihrem Computer installieren. Im September 2007 wurde der Klägerin eine neue Kreditkarte ausgestellt. Einen Monat später bemerkte sie wieder unbekannte, nicht selbst veranlasste Abbuchungen, worauf hin die Klägerin auch die zweite Karte sperren ließ und Strafanzeige erstatte sowie an Eides statt versicherte, die fraglichen Umsätze nicht selbst getätigt zu haben.

Die Klägerin erhielt ihre dritte MasterCard und entdeckte erneut von ihr nicht getätigte Umsätze. Die Bank erstattete diesmal allerdings nicht den vollen Betrag, sondern lediglich EUR 57,74. Der Rest in Höhe von EUR 710,86 wurde nicht erstattet. Die Bank war der Ansicht, die Kundin habe entweder die Abbuchungen selbst veranlasst oder Dritten leichtfertig die Möglichkeit verschafft, die Karte zu nutzen. Dies ergebe sich schon daraus, dass immer die gleichen Händler betroffen seien, obwohl neue Karten ausgestellt wurden. Der Verdacht liege nahe, dass diese Händler an die neuen Daten nur durch einen Sorgfaltsverstoß der Kundin gelangt sein konnten. Ein Missbrauch durch Mitarbeiter der Bank sei ausgeschlossen, weil diesen die Kartenprüfnummer auf der Rückseite der Karte nicht bekannt sei. Im Übrigen hätte die Klägerin ihren Computer sofort auf Viren überprüfen müssen.

Entscheidung des Gerichts: Der Bank obliegt der Nachweis, dass Kreditkartengeschäfte tatsächlich durch den Kunden getätigt wurden oder dass dieser für einen Missbrauch verantwortlich ist.

Die Klage der Bankkundin vor dem Amtsgericht München war erfolgreich. Die Bank habe der Klägerin den vollen Betrag der fraglichen Umsätze zu erstatten, so das Gericht.

Durch die Abbuchungen vom Konto der Kundin sei auf Seiten der Bank eine Vermögensmehrung eingetreten. Um diese behalten zu können, müsse von der Bank nachgewiesen werden, dass die Kreditkartengeschäfte durch die Kundin tatsächlich getätigt wurden oder dass sie für den Missbrauch verantwortlich sei. Diesen Beweis habe die Bank hier nicht führen können.

Soweit die Bank behaupte, die Kundin habe die Karte nicht mit genügender Sorgfalt aufbewahrt und diese Behauptung darauf stütze, dass die neuen Kartendaten jeweils den gleichen Zahlungsempfängern bekannt geworden seien, stelle dies eine reine Vermutung dar. Die Bank habe nicht dargelegt, wie sich die Datenübermittlung abgespielt haben solle. Das gleiche gelte für die Behauptung, es habe ein Virus im System des Computers der Kundin vorgelegen. Selbst wenn ein Virus vorhanden gewesen wäre, würde dies nur eine Möglichkeit bedeuten, wie die Händler an die Daten gekommen wären. Nach dem die Karte mit ihren Nummern bei den vielfachen Einsatzmöglichkeiten allen möglichen Leuten bekannt werden könne, im Übrigen auch Mitarbeitern der Bank, könne ein Datentransfer auch ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein.

Keine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises bei bloßen Vermutungen

Eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises käme hier nicht in Frage. Eine solche würde voraussetzen, dass ein Sachverhalt feststehe, von dem aus ein denklogischer Schluss gezogen werden könne. Da hier die Bank nur mit bloßen Vermutungen arbeite und viele Möglichkeiten der Entstehung des Datenmissbrauches bestünden, komme ein Anscheinsbeweis zu Lasten der Kundin nicht in Betracht.

Risiko der Bank: Leistung an Dritte, deren Berechtigung der Kunde bereits moniert hat.

Leiste die Bank ohne weitere Überprüfung an Unternehmen, deren Berechtigung die Klägerin vorher bereits bestritten hatte, könne sie ihr Risiko, dass sie das Geld vom Händler nicht mehr zurück bekomme, nicht auf die Kundin abwälzen. Dass die Bank die Abbuchungen durch die Händler ohne weitere Prüfung und ohne Belege zu verlangen, sozusagen automatisch, ermögliche, sei ihr Problem. Wolle sie sich absichern, solle sie ihr Programm zumindest so einstellen, dass es Abbuchungen von Händlern, gegen die Einspruch eingelegt wurden, nicht mehr zulasse. Der Mangel an Sicherheitsstandards bei der Beklagten könne der Klägerin nicht zur Last fallen, so das Gericht.

(tg) - Quelle: PM des AG München vom 11.05.2009


Online seit: 11.05.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1949
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