Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Rechte des Datenbankherstellers gegen Datenentnahme - Zum Schutzrecht des Datenbankherstellers gegen einen umfassenden Datenabgleich und die Entnahme von Änderungsdaten aus seiner Datenbank zur Nutzung für ein Konkurrenzprodukt.
BGH Urteil vom 30.04.2009 – Az. I ZR 191/05 – Elektronischer Zolltarif; Vorinstanzen: OLG Köln, Urteil vom 28.10.2005 - Az. 6 U 172/03, LG Köln, Urteil vom 26.11.2003 - Az. 28 O 415/02
MIR 2009, Dok. 099, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 30.04.2009 (Az. I ZR 191/05) entschieden, dass ein Datenbankhersteller verbieten kann,
Änderungen seiner Datenbank in einem Datenabgleich zu erfassen und für ein Wettbewerbsprodukt zu nutzen.
Zur Sache
Die Klägerin vertreibt den elektronischen Zolltarif (EZT), der auf der Grundlage der Datenbank TARIC der Europäischen Kommission die für die elektronische Zollanmeldung in der EU erforderlichen Tarife und Daten enthält. Die Klägerin bietet den EZT online und – in abgewandelter Darstellung – auf einer CD-ROM "Tarife" an. Die Beklagten vertreiben ebenfalls eine Zusammenstellung der für die elektronische Zollanmeldung erforderlichen Tarife und Daten. In den Jahren 2001 und 2002 nahm die Klägerin bewusst unrichtige Daten in ihre CD-ROM "Tarife" auf um Übernahmen Ihrer Daten feststellen zu können. Diese unrichtigen Daten fanden sich – ebenso wie einige Pflegefehler – danach auch im Produkt der Beklagten. Die Klägerin sieht in der Übernahme der Daten eine Verletzung ihrer Datenbankherstellerrechte an den Datenbanken EZT und "Tarife". Nachdem das Landgericht (Az. 28 O 415/02) die Klage die Klage abgewiesen hatte, bestätigte das Oberlandesgericht Köln (Az. 6 U 172/03) das Begehren der Klägerin der Beklagten verbieten zu lassen, ohne ihre Zustimmung die jeweils aktuelle Fassung ihrer Datenbanken auszulesen, um mittels eines Datenabgleichs ein Konkurrenzprodukt zu aktualisieren hinsichtlich der Datenbank "Tarife".
Entscheidung des BGH: Dem Datenbankhersteller kann ein Schutzrecht gegen den umfassenden Datenabgleich und die Entnahme von Änderungsdaten aus seiner Datenbank zur Nutzung für ein Konkurrenzprodukt zustehen.
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt.
Der Klägerin stünden Datenbankherstellerrechte an der Datenbank "Tarife" zu, da sie nicht als amtliches Werk gemeinfrei sei und mit erheblichen Investitionen ständig von der Klägerin aktualisiert werde. Das Datenbankherstellerrecht hätten die Beklagten zwar nicht schon verletzt, indem sie die CD-ROM "Tarife" auf der Festplatte eines Computers speicherten. Denn dies sei von einer Einwilligung der Klägerin gedeckt, weil es zur bestimmungsgemäßen Nutzung der CD-ROM erforderlich sei. Eine Schutzrechtsverletzung der Klägerin liege aber vor, weil die Beklagten per Datenabgleich der CD-ROM "Tarife" Änderungsdaten entnommen und zur Aktualisierung ihres Wettbewerbsprodukts verwendet hätten. Die vom Berufungsgericht festgestellte Übernahme einzelner Daten aus der CD-ROM der Klägerin in das Produkt der Beklagten setze notwendig einen umfassenden Datenabgleich voraus.
Bereits die einmalige Entnahme ist relevant, wenn sich diese auf einen qualitativ wesentlichen Teil der Datenbank bezieht.
Schon die einmalige Entnahme aller geänderten Daten aus einer bestimmten Version der CD-ROM – durch Erstellung einer (gegebenenfalls nur zwischengespeicherten) Änderungsliste oder unmittelbare Übernahme – beziehe sich auf einen qualitativ wesentlichen Teil der Datenbank. Deshalb stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, dass der rechtmäßige Benutzer qualitativ oder quantitativ unwesentliche Teile einer öffentlich zugänglichen Datenbank zu beliebigen Zwecken entnehmen könne.
Hinsichtlich der Datenbank EZT hat der Bundesgerichtshof die Abweisung der Klage bestätigt, weil nicht festgestellt war, dass die Beklagten diese Datenbank für einen Datenabgleich verwendet hatten.
(tg) - Quelle: PM Nr. 91/2009 des BGH vom 30.04.2009
Zur Sache
Die Klägerin vertreibt den elektronischen Zolltarif (EZT), der auf der Grundlage der Datenbank TARIC der Europäischen Kommission die für die elektronische Zollanmeldung in der EU erforderlichen Tarife und Daten enthält. Die Klägerin bietet den EZT online und – in abgewandelter Darstellung – auf einer CD-ROM "Tarife" an. Die Beklagten vertreiben ebenfalls eine Zusammenstellung der für die elektronische Zollanmeldung erforderlichen Tarife und Daten. In den Jahren 2001 und 2002 nahm die Klägerin bewusst unrichtige Daten in ihre CD-ROM "Tarife" auf um Übernahmen Ihrer Daten feststellen zu können. Diese unrichtigen Daten fanden sich – ebenso wie einige Pflegefehler – danach auch im Produkt der Beklagten. Die Klägerin sieht in der Übernahme der Daten eine Verletzung ihrer Datenbankherstellerrechte an den Datenbanken EZT und "Tarife". Nachdem das Landgericht (Az. 28 O 415/02) die Klage die Klage abgewiesen hatte, bestätigte das Oberlandesgericht Köln (Az. 6 U 172/03) das Begehren der Klägerin der Beklagten verbieten zu lassen, ohne ihre Zustimmung die jeweils aktuelle Fassung ihrer Datenbanken auszulesen, um mittels eines Datenabgleichs ein Konkurrenzprodukt zu aktualisieren hinsichtlich der Datenbank "Tarife".
Entscheidung des BGH: Dem Datenbankhersteller kann ein Schutzrecht gegen den umfassenden Datenabgleich und die Entnahme von Änderungsdaten aus seiner Datenbank zur Nutzung für ein Konkurrenzprodukt zustehen.
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt.
Der Klägerin stünden Datenbankherstellerrechte an der Datenbank "Tarife" zu, da sie nicht als amtliches Werk gemeinfrei sei und mit erheblichen Investitionen ständig von der Klägerin aktualisiert werde. Das Datenbankherstellerrecht hätten die Beklagten zwar nicht schon verletzt, indem sie die CD-ROM "Tarife" auf der Festplatte eines Computers speicherten. Denn dies sei von einer Einwilligung der Klägerin gedeckt, weil es zur bestimmungsgemäßen Nutzung der CD-ROM erforderlich sei. Eine Schutzrechtsverletzung der Klägerin liege aber vor, weil die Beklagten per Datenabgleich der CD-ROM "Tarife" Änderungsdaten entnommen und zur Aktualisierung ihres Wettbewerbsprodukts verwendet hätten. Die vom Berufungsgericht festgestellte Übernahme einzelner Daten aus der CD-ROM der Klägerin in das Produkt der Beklagten setze notwendig einen umfassenden Datenabgleich voraus.
Bereits die einmalige Entnahme ist relevant, wenn sich diese auf einen qualitativ wesentlichen Teil der Datenbank bezieht.
Schon die einmalige Entnahme aller geänderten Daten aus einer bestimmten Version der CD-ROM – durch Erstellung einer (gegebenenfalls nur zwischengespeicherten) Änderungsliste oder unmittelbare Übernahme – beziehe sich auf einen qualitativ wesentlichen Teil der Datenbank. Deshalb stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, dass der rechtmäßige Benutzer qualitativ oder quantitativ unwesentliche Teile einer öffentlich zugänglichen Datenbank zu beliebigen Zwecken entnehmen könne.
Hinsichtlich der Datenbank EZT hat der Bundesgerichtshof die Abweisung der Klage bestätigt, weil nicht festgestellt war, dass die Beklagten diese Datenbank für einen Datenabgleich verwendet hatten.
(tg) - Quelle: PM Nr. 91/2009 des BGH vom 30.04.2009
Online seit: 30.04.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1940
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