Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 18.12.2008 - I ZR 23/06
Klingeltöne für Mobiltelefone - In der Verwendung eines - nicht für diesen Verwendungszweck geschaffenen - Musikwerkes als Klingelton liegt eine Entstellung oder Beeinträchtigung des Werkes, die geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden.
UrhG §§ 14, 16, 19, 23 Satz 1, 39, 97 Abs. 1 Satz 1; BGB §§ 307 Abs. 1 Satz 1; AGBG § 9 Abs. 1
Leitsätze:*1. In der Verwendung eines - nicht für diesen Verwendungszweck geschaffenen - Musikwerkes als Klingelton liegt eine Entstellung oder
eine andere Beeinträchtigung des Werkes i.S. des § 14 UrhG, die geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden.
2. Das Angebot eines auf wenige Takte gekürzten und digital bearbeiteten Musikstücks als Klingelton für Mobiltelefone im Internet stellt eine
nur mit Einwilligung des Urhebers erlaubte Verwertung des insoweit bearbeiteten und umgestalteten Werkes durch
Vervielfältigung (§ 16 UrhG) sowie öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) dar.
3. Komponisten räumen der GEMA zwar nicht mit dem Abschluss eines Berechtigungsvertrages in der Fassung des Jahres 1996, wohl aber
mit dem Abschluss eines Berechtigungsvertrages in der Fassung der Jahre 2002 oder 2005 sämtliche Rechte ein, die zur Nutzung
ihrer Musikwerke als Klingeltöne für Mobiltelefone erforderlich sind. Wird das Musikwerk so zum Klingelton umgestaltet, wie dies bei
Einräumung der Nutzungsrechte üblich und voraussehbar war (§ 39 UrhG), bedarf es für die Nutzung eines Musikwerks als Klingelton lediglich
einer Lizenz der GEMA und keiner zusätzlichen Einwilligung des Urhebers.
4. Die zwischen der GEMA und den Berechtigten geschlossenen Berechtigungsverträge können nicht durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung
der GEMA einseitig geändert werden. Die Bestimmung des § 6 lit. a Abs. 2 des GEMA-Berechtigungsvertrages in der Fassung des Jahres 1996
("Beschließt die Mitgliederversammlung in Zukunft Abänderungen des Berechtigungsvertrages, so gelten auch diese Abänderungen als Bestandteil des Vertrages.")
ist unwirksam, weil sie die Berechtigten unangemessen benachteiligt.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 16.02.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1879
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
LG Frankfurt a.M, Beschluss vom 15.10.2020 - 2-03 O 356/20, MIR 2020, Dok. 081
Datenschutzrechtliche Ansprüche - Mehrere Fragen zum Bestehen eines unionsrechtlichen Unterlassungsanspruchs und zum Begriff des immateriellen Schadens nach der DSGVO dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 063
Vertragsstrafenverjährung - Bei einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach "Hamburger Brauch" beginnt die Verjährungsfrist nicht, bevor der Gläubiger die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe festgelegt hat
BGH, Urteil vom 27.10.2022 - I ZR 141/21, MIR 2022, Dok. 089
Grenzen bei der Berücksichtigung gerichtsbekannter Tatsachen - Der Umstand, dass eine Tatsache gerichtsbekannt ist, ersetzt regelmäßig nicht den entsprechenden Parteivortrag, sondern nur die Beweisbedürftigkeit
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 09.06.2022 - 6 U 134/21, MIR 2022, Dok. 052
Irreführung durch Mogelpackungen - Bei einer (relativen) Füllmenge von zwei Dritteln steht die Verpackung nicht (mehr) in einem angemessenen Verhältnis zum Produkt
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 044



