Rechtsprechung
OLG Köln, Urteil vom 12.12.2008 - 6 U 41/08
Telefonische Kundenbefragung durch Meinungsforschungsinstitut wettbewerbswidrig - Wird ein Meinungsforschungsinstitut von einem Unternehmen mit einer Telefonumfrage gegenüber Verbrauchern beauftragt, kann dies unlautere Telefonwerbung i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG darstellen.
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2; EG Richtlinie 2006/114 Art. 2 lit. a
Leitsätze:*1. Bereits die schriftliche Ankündigung von Anrufen durch ein - von einem Unternehmen hierzu beauftragten -
Marktforschungsinstitut gegenüber Verbrauchern, kann eine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich zukünftiger Verstöße
im Sinne von § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 2 UWG begründen.
2. Beauftragt ein Unternehmen ein Meinungsforschungsinstitut mit einer telefonischen Kundebefragung (über Zufriedenheit, Service etc.),
stellen insoweit getätigte Anrufe des Marktforschungsinstituts Wettbewerbshandlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.
3. Telefonumfragen eines Meinungsforschungsinstituts stellen allerdings dann keine unlautere Telefonwerbung und damit keine
unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar, wenn sie von einem neutralen Institut zu wissenschaftlichen Zwecken
durchgeführt werden und nicht unmittelbar zur Absatzförderung eines bestimmten Auftraggebers dienen.
4. Wird ein Meinungsforschungsinstitut von einem Unternehmen mit einer Telefonumfrage gegenüber Verbrauchern beauftragt (hier: Kundenbefragung),
liegt hierin jedenfalls dann eine unlautere Telefonwerbung und damit eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, wenn die Anrufe
zumindest mittelbar der Absatzförderung des auftraggebenden Unternehmens dienen (so auch: OLG Stuttgart, GRUR 2002, 457; OLG München, NJWE-WettbR 1996, 12; hier: bejaht).
Eine telefonische Umfrage, die die Zufriedenheit der Kunden mit den Dienstleistungen betrifft und das Ziel verfolgt, Service und Leistungen zu verbessern und so Kunden
zu erhalten, stellt insoweit Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar.
5. Kündigt ein Unternehmen eine telefonische Kundebefragung schriftlich an und reagieren die angeschriebenen Verbraucher innerhalb einer dort
gesetzten Widerspruchsfrist nicht, liegt hierin keine konkludente Erklärung, sondern ein Schweigen, dass nach allgemeinen Grundsätzen keine
Willenserklärung darstellt. Eine Einwilligung in Telefonanrufe liegt nicht vor.
6. Liegt ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG vor, bedarf es keiner Prüfung der Erheblichkeit des Verstoßes (§ 3 UWG). § 7 UWG
erfasst nur unzumutbare Belästigungen, die nicht unerheblich sein können (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2006 - Az. I ZR 191/03 - Telefonwerbung für
Individualverträge = MIR 2007, Dok. 207).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 22.01.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1860
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