Rechtsprechung
AG Brühl, Urteil vom 07.04.2008 - 28 C 447/07
Widerruf von eBay-Bewertungen - Ein Widerrufsanspruch hinsichtlich abgegebener Bewertungen im Rahmen einer Internet-Handelsplattform besteht jedenfalls nicht, wenn die Bewertungen - als Werturteile - insgesamt gesehen nicht unsachlich und damit unzulässig sind.
BGB §§ 284, 323 Abs. 1, 347 Nr. 3, 474 Abs. 2, 447
Leitsätze:*1. Aus der vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien eines Geschäfts über eine Internet-Handelsplattform (hier: eBay)
in Verbindung mit den, von der betreffenden Handelsplattform selbst aufgestellten Bewertungskriterien kann sich ein
Widerrufsanspruch nicht ergeben, wenn die Bewertung - im Fall der Abgabe von Werturteilen - insgesamt gesehen nicht
unsachlich und damit unzulässig ist.
2. Die Grenze der Unsachlichkeit ist erst dann überschritten, wenn bewusste Fehlurteile oder Verzerrungen vorgenommen
werden oder abschließende Bewertungen als sachlich nicht mehr vertretbar und indiskutabel erscheinen.
3. Bei der Beurteilung einer Bewertung im Rahmen von Internet-Handelsplattformen ist zu berücksichtigen, dass schon die
Möglichkeit solcher "Bewertungen" auf die persönliche Meinung der Parteien abzielt und nicht auf die Meinung eines "objektiven Dritten".
4. Die Beweislast im Fall der Geltendmachung eines Widerrufsanspruchs von Bewertungen auf einer Internet-Handelsplattform liegt
beim Anspruchsteller. Dieser hat die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die
Unwahrheit einer angegriffenen Behauptung ergeben soll.
5. Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich bestimmter, auf einer Internet-Handelsplattform abgegebener Bewertungen scheitert schon
daran, dass dem Äußernden im Fall einer entsprechenden Verurteilung verboten würde, die getätigten Äußerungen zu wiederholen,
wenn sie in einem anderen, die Parteien betreffenden Fall (etwa erneuter Vertragsschluss) zutreffen würden.
6. Im Fall eines Verbrauchsgüterkaufs auf einer Internet-Handelsplattform sind die Versandkosten im Fall der
Lieferung einer mangelhaften Sachen und berechtigt erfolgtem Rücktritt (hier: §§ 347 Nr. 3, 323 Abs. 1 BGB) durch den Käufer
(Verbraucher) nach § 284 BGB zu erstatten, da der Käufer diese Aufwendung im Vertrauen auf den Erhalt einer mangelfreien
Kaufsache gemacht hat und auch machen durfte.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 02.11.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1794
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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