Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 75/06
Faxanfrage im Autohandel - § 7 Abs. 2 UWG erfasst als Werbung grundsätzlich auch Nachfragehandlungen. Zum konkludenten Einverständnis eines Unternehmens durch Veröffentlichung der Faxnummer in, auf dessen übliche Verkaufstätigkeit bezogenen, Kaufanfragen mittels Telefax.
UWG § 7 Abs. 2 Nr. 3
Leitsätze:*1. § 7 Abs. 2 UWG erfasst als Werbung grundsätzlich auch Nachfragehandlungen. Dies gilt auch dann,
wenn sie sich an Gewerbetreibende oder Freiberufler richten.
2. Sinn und Zweck des § 7 UWG gebieten, dass Nachfragehandlungen nicht nur von der Generalklausel des § 7 Abs. 1 UWG
erfasst werden können, sondern ebenso von den konkretisierenden Fallgruppen in Absatz 2 dieser Vorschrift. § 7 UWG bezweckt,
solche Handlungen als unzumutbare Belästigung zu verbieten, die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig von ihrem
Inhalt als Belästigung empfunden werden. Es wäre deshalb ebenso wie im Rahmen der irreführenden und der vergleichenden
Werbung eine planwidrige Regelungslücke, Nachfragehandlungen vom Tatbestand des § 7 Abs. 2 UWG auszunehmen.
3. Die Einwilligung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG kann auch konkludent erfolgen. Eine Einwilligung ist
"jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt" (Art. 2 lit. h der
Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien
Datenverkehr). Die Einwilligung kann in jeder geeigneten Weise gegeben werden, die dem Nutzer erlaubt, seinen
Wunsch in spezifischer Weise, sachkundig und in freier Entscheidung zum Ausdruck zu bringen (Bsp: Markieren eines
Feldes auf einer Internetseite). Auch hiernach kommt aber grundsätzlich eine konkludente Einwilligung in Betracht.
4. Ein Unternehmen erklärt durch die Installation eines Telefaxgerätes nicht sein Einverständnis damit, von jedwedem
Gewerbetreibenden mittels Telefax zu Werbezwecken angesprochen zu werden.
5. Veröffentlicht ein Unternehmen die Nummer seines Telefaxanschlusses in allgemein zugänglichen Verzeichnissen,
so erklärt es damit sein konkludentes Einverständnis, dass potentielle Kunden den Anschluss bestimmungsgemäß
insbesondere für Kaufanfragen nutzen, die sich auf die übliche Verkaufstätigkeit des Unternehmens beziehen.
Sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände dagegen sprechen, steht der dem allgemeinen Verkehr für Anfragen
bereitgestellte Telefaxanschluss eines Unternehmens im Rahmen seiner unmittelbaren geschäftlichen Bestimmung auch
gewerblichen Wiederverkäufern für Kaufanfragen zur Verfügung.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 25.08.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1730
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Hamm, Urteil vom 18.02.2020 - 4 U 66/19, MIR 2020, Dok. 022
Notwendige Angaben über den Energieverbrauch in Immobilienanzeigen für Wohnimmobilien
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 038
Weihnachtsgruß nach vier Jahren - Kein Fortbestand einer einmal erteilten Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung nach den Umständen des Einzelfalls
AG München, Urteil vom 14.02.2023 - 161 C 12736/22, MIR 2023, Dok. 020
Early Reviewer Programm bei Amazon - Berücksichtigung vergüteter Produktrezensionen innerhalb des Gesamtbewertungsergebnisses eines Produktes unlauter
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2022, Dok. 042
Coty Germany - Keine Markenbenutzung durch (kenntnislose) reine Lagerung von markenrechtsverletzenden Waren durch Amazon
EuGH, Urteil vom 02.04.2020 - C-567/18, MIR 2020, Dok. 028