Rechtsprechung
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 12.02.2008 - 11 U 28/07
Impressum & Störerhaftung - Wer sich im Impressum einer Internetseite als verantwortlicher Diensteanbieter ausweist oder ausweisen lässt, macht sich die Inhalte dieser Internetseite regelmäßig zu Eigen. Zur Haftung für Beauftragte i.S.v. § 100 UrhG.
UrhG §§ 97 Abs. 1, 100; TMG § 7 Abs. 2
Leitsätze:*1. Gemäß § 100 UrhG haftet der Inhaber eines Unternehmens auch für Urheberrechtsverletzungen, die von Beauftragten begangen
werden. Der Begriff des Beauftragten ist hierbei weit zu verstehen. Dazu zählen auch selbständige Unternehmer,
wenn sie in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert sind, dass einerseits
der Betriebsinhaber auf den Beauftragten einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss hat und andererseits die Geschäftstätigkeit
des Beauftragten dem Betriebsinhaber zugute kommt (BGH GRUR 2005, 864, 865 - Meißener Dekor). Beauftragter im Sinne der
Vorschrift kann daher auch eine beauftragte Werbeagentur sein (BGH GRUR 1994, 219, 220 - Warnhinweis).
2. Für eine die (Mit-) Störerhaftung (§ 97 UrhG) begründende Mitwirkung an einer Rechtsverletzung genügt auch die bloße Ausnutzung
der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur
Verhinderung der betreffenden Handlung hat (hier: der im Impressum ausgewiesene Verantwortliche einer Internetseite).
3. Die Haftungsprivilegierungen des § 7 Abs. 2 TMG (früher: § 8 Abs. 2 TDG) schließen Unterlassungsansprüche nicht aus
(st. Rspr., vgl. nur: BGH, Urteil vom 12.07.2007 - Az. I ZR 18/04 - Jugendgefährdende Medien bei eBay =
MIR 2007, Dok. 325) und
setzen voraus, dass es sich bei den betreffenden (hier: urheberrechtsverletzenden) Inhalten um fremde Informationen handelt.
4. Eigene Informationen i.S.d. §§ 7 ff TMG (früher: §§ 8 ff TDG) sind auch fremde Inhalte, die sich der Diensteanbieter
zueigen macht (vgl. etwa: OLG Brandenburg WRP 2004, 627, 628). Derjenige, der sich im Impressum einer Internetseite als
verantwortlicher Diensteanbieter ausweist oder ausweisen lässt, macht sich die Inhalte dieser Internetseite regelmäßig zu eigen.
5. Wenn der Unterlassungsschuldner statt eines festen Betrages eine vom Gläubiger nach billigem Ermessen zu bestimmende
Vertragsstrafe innerhalb eines Rahmens verspricht, so beseitigt ein solches Versprechen die Wiederholungsgefahr nur, wenn
die Obergrenze der Spanne die Höhe eines fest zu vereinbarenden Betrages in angemessener Weise übersteigt
(BGH GRUR 1985, 937, 938 - Vertragsstrafe bis zu ... II). Dadurch muss der Nachteil ausgeglichen werden, dass der
Gläubiger bei der Bestimmung der Strafe das Risiko übernimmt, dass seine Beurteilung der gerichtlichen Nachprüfung nicht
standhält; dies kann dazu führen, dass der Gläubiger, um dieses Risiko zu vermeiden, einen geringeren Betrag wählt, als
nach der Schwere der Zuwiderhandlung angemessen wäre. Als ungefährer Richtwert einer Obergrenze für den Regelfall wird
zu Recht das Doppelte des im jeweiligen Fall angemessenen festen Betrages einer Vertragsstrafe genannt
(BGH GRUR 1985, 155, 157 - Vertragsstrafe bis zu ... I; BGH GRUR 1985, 937, 938 - Vertragsstrafe bis zu ... II).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 25.08.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1728
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2022, Dok. 078
Namensangabe - Bei einer telefonischen Kontaktaufnahme im Sinne von § 312a Abs. 1 BGB müssen nur die Identität des Unternehmers und der geschäftliche Zweck offengelegt werden, nicht aber die Identität eines anrufenden Mitarbeiters
BGH, Urteil vom 19.04.2018 - I ZR 244/16, MIR 2018, Dok. 032
Vorratsdatenspeicherung - Allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten nach deutschem TKG unzulässig
EuGH, MIR 2022, Dok. 069
Verfügbare Telefonnummer - Die Nichtangabe einer (verfügbaren) Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist geeignet die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen
BGH, Urteil vom 24.09.2020 - I ZR 169/17, MIR 2020, Dok. 090
Kulturchampignons II – Keine Irreführung, wenn gesetzlich eine bestimmte Kennzeichnung vorgeschrieben ist und das so gekennzeichnete Produkt den gesetzlichen Kriterien entspricht
BGH, Urteil vom 16.01.2020 - I ZR 74/16, MIR 2020, Dok. 017